Von Dornenvögeln und Bienenfressern

Die Weine im kleinen Weinbaugebiet Carnuntum, das sich entlang der Donau von Wien bis zur slowakischen Grenze erstreckt, vereinen pannonische Opulenz mit niederösterreichischer Fruchtigkeit.

Die wenigsten Weinfreaks können auf Anhieb sagen, wo denn genau dieses Weinbaugebiet Carnuntum liegt und für die Allgemeinheit ist die Region vor allem durch den Ort Hainburg und die Ereignisse rund um die Verhinderung des dort geplanten Donaukraftwerks bekannt. Ist auch nicht so wichtig, denn was den Weinbau angeht, so fokussiert sich das Geschehen – zumindest wenn man von Top-Qualitäten spricht – ohnehin auf das Dreieck der benachbarten Orte Göttlesbrunn, Höflein und Arbesthal.

Ein weiteres Weinauzentrum liegt ganz im Osten von Carnuntum. Der Spitzerberg bei Prellenkirchen ist mit seinem wild-romantischen Kellerviertel und seinen rustikalen Weinen der richtige Platz für gemütliches Sitzen oder ausgelassene Zechtouren. Vor allem der Rotwein aus dieser Ecke brachte es zu einiger Bekanntheit und wird noch heute höher eingestuft als der Weiße.

Weinbau seit der Römerzeit
Das war so in den sechziger, siebziger Jahren, der Weinbau in dieser Gegend hat freilich eine weit länger zurückreichende Tradition. So wurde er etwa in Bruck an der Leitha bereits im Jahr 1074 urkundlich belegt. Tatsächlich kann man jedoch davon ausgehen, dass bereits die Römer, die bei Bad Deutsch Altenburg mit der Stadt und dem Militärlager "Carnuntum" ihren Hauptstützpunkt an der pannonischen Donaugrenze errichtet hatten, hier dem selbst gekelterten Rebensaft zugesprochen haben. Wer heute die Spuren der Geschichte wieder aufnehmen will, hat dazu im wirklich sehenswerten Archäölogischen Park Carnuntum die Gelegenheit.

Qualität in weiß und rot
Ebenfalls in die Abteilung Weinbauhistorie einzugliedern ist ein weit über 200 Jahre alter Weinstock, der im Hof des Restaurants „Hazienda“ (Gasthof zum Alten Weinstock) in der Weinbergstraße von Göttlesbrunn steht. Alljährlich liefert der riesige Rebstock, der als einer der ältesten Europas gilt, und dessen Geäst sich über eine Fläche von 140 Quadratmetern ausbreitet, rund 300 Liter Saft der inzwischen fast ausgestorbenen Braunen-Veltliner-Traube. An ihre Stelle ist inzwischen der Grüne Veltliner getreten, der übrigens gerade im Gebiet von Göttlesbrunn – ebenso wie die weißen Burgundersorten – hervorragende Weine bringt. Der besondere Reiz der Weinbauregion Carnuntum liegt jedoch darin, dass hier sowohl für Weiß- als auch für Rotweine gleichermaßen gute Bedingungen herrschen.

Das Rotwein-Wunder
Tatsächlich hat Göttlesbrunn nämlich während der vergangenen zehn Jahre vor allem mit seinen Rotweinen eine derart rasante Qualitätsentwicklung durchgemacht, dass es nicht vermessen ist, von einem regelrechten Rotweinwunder zu sprechen. War in den 80er Jahren noch Hans Pitnauer fast ein Einzelkämpfer in Sachen Spitzenwein, so tun es ihm heute zahlreiche junge, engagierte Winzer nach.

Eine besondere Vorliebe der Göttlesbrunner Winzer scheint die Benamsung ihrer Weine nach seltenen, in der Region nistenden Vögeln zu sein. Fast schon legendär sind etwa Hans Pitnauers „Bienenfresser“ und Walter Glatzers „Dornenvogel“, zwei Beispiele dafür, dass der Zweigelt hier ganz exzellente Qualitäten bringen kann.