Bastian Kaltenböck im Interview

Wir haben mit Bastian Kaltenböck vom Weingut NeueHeimat gesprochen.

Bastian Kaltenböck im Interview

Ein Salzburger Sommelier und ein holländischer Familienunternehmer, deren langjährige Freundschaft im Wunsch auf ein gemeinsames, vinophiles Abenteuer münden: Der Ursprung des südsteirischen Weinguts NeueHeimat ist genauso ungewöhnlich wie idyllisch. Freunde, die zur Familie wurden, die Liebe zur Region und eine erfüllende Aufgabe sind die Eckpfeiler des Traums vom eigenen Wein.

Unterstützt werden Uli Kaltenböck und Ton Goedmakers dabei vom ehemaligen Skispringer Bastian Kaltenböck, der das Weingut nun führt, und dem für Keller und Weingärten verantwortlichen Christian Söll. Ihre Weine beschreiben sie als „mehr als die Summe ihrer Trauben, sondern geprägt von Visionen, Verbundenheit und Leidenschaft“: elegante, fruchtig-würzige Weine mit lebendiger Säurestruktur und salzigem Nachhall.

INTERVIEW: Wir haben mit Bastian Kaltenböck über NeueHeimat gesprochen.

Warum habt ihr euch entschlossen, das Weingut von Goedmakers auf NeueHeimat umzubennen?
Im Prinzip war das eine Unternehmensentwicklung. Mein Vater und Ton Goedmakers sind 2009 sehr unbefangen in ihr Weinabenteuer hineingegangen. Gott sei Dank, denn wenn du etwas länger darüber nachdenkst, dann lässt du es vielleicht doch wieder. Sie hatten immer das Ziel, sehr guten Wein zu machen, aber keine großen wirtschaftlichen Ambitionen. Es ging eher um die Leidenschaft der beiden. Ich habe sie schon seit einigen Jahren unterstützt, 2015 haben wir dann auch einen Kellermeister bekommen, den Christian. Wir haben beide gesagt, wir übernehmen gerne Verantwortung und wir würden gerne auf Bio umstellen. Jahr für Jahr haben wir immer mehr das Zepter übernommen. Irgendwann war die Frage, ob ich mir vorstellen könnte, das Weingut zu führen und die Leitung zu übernehmen. Ich komme ja aus einem völlig anderen Bereich, aber ich finde das Weingut und die Arbeit sehr spannend. Für mich war nur klar, dass ich, wenn ich mich mehr einbringe, ein erfolgreiches Unternehmen daraus machen möchte.

Also vom Liebhaberprojekt zum Weingut?
Genau. Ton Goedmakers fand das auch sehr gut, und er hat zu mir immer gesagt: "Basti, tu so als wäre es dein eigenes Weingut." Die Goedmakers haben sich als Eigentümerfamilie immer sehr im Hintergrund gehalten, weil sie uns völlig vertrauen. So haben wir immer freie Hand gehabt, das Weingut zu entwickeln. Ich habe ihnen gesagt, dass die Leute immer wissen wollen, wer sie sind. Das ist halt so, wenn der Name auf der Flasche steht. Der Ton hat aber gemeint, dass sie generell eine sehr bodenständige und zurückhaltende Familie sind. Daraufhin hatten wir das Gefühl, dass jetzt wirklich die Zeit reif ist, dem Weingut einen anderen Namen zu geben. Ton fand auch, dass das eine super Idee ist. Der Name NeueHeimat hat sich für uns richtig angefühlt. Weil es auch so ist: Jeder, der bei uns am Weingut ist, hat einen wichtigen Beitrag geleistet bzw. verkörpert NeueHeimat. Von den Goedmakers, die den finanziellen Part übernommen haben, über meinen Papa, der das Ganze verwaltet und umgesetzt hat, bis zu den ganzen Mitarbeitern. Und natürlich gilt das auch für mich. Ich bin auch komplett neu gestartet und lebe jetzt am Weingut.

Von wo bist du in die Südsteiermark gezogen?
Ich komme eigentlich aus Salzburg, aber bin jetzt fixer Südsteirer geworden.

Ich habe den Namen Goedmakers nicht mit einem steirischen Weingut in Verbindung gebracht. Hatte der Namenswechsel auch ein wenig den Sinn, sich mehr als steirische Weinmarke zu positionieren?
Als das Weingut entstanden ist, war der Name völlig logisch, weil es ja Ton Goedmakers gehört. Damals wäre auch eine Option gewesen, dass die Goedmakers selbst mehr präsent werden. Dann wäre der Name auch sehr schlüssig gewesen. Wein ist ja ein sehr persönliches Getränk. Man schaut auf die Flasche und fragt sich, wer steht da dahinter. Wir sind nach wie vor kein ganz typisch steirischer Traditionsbetrieb, aber wir wollen steirische Weine machen und da macht ein deutscher Name schon Sinn. Vor allem geht es um die Seele des Weins, und die ist in dem Fall Goedmakers, aber eben nicht nur, sondern jeder einzelne, der Teil des Betriebs ist. Zudem liegt der Fokus nicht auf dem Verkauf in Holland.

Was unterscheidet euch von typisch steirischen Weingütern?
In der Region sind der Großteil der Betriebe Familienweingüter, die seit zwei, drei Generationen, zum Teil auch schon länger, familiär geführt werden. Jetzt war wieder eine Phase des Generationenwechsels, etwa bei Sattler und Tement, wo die Söhne oder Töchter übernommen haben. Das sind klassische Familienbetriebe, bei denen eine Familie für den Wein steht. Wir sind hingegen wie eine zweite Familie, aber wir sind eben nicht blutsverwandt und alle bunt zusammengewürfelt. Wir haben ganz unterschiedliche Hintergründe. Das macht einen Riesenunterschied. Wir haben nicht das Vorwissen und die Erfahrung von Generationen, wir holen uns viel Wissen. Wir haben ein sehr kompetentes Team, das aber immer noch recht jung ist. Wir lernen viel von Kollegen, ich bin sehr neugierig und frag immer nach. Wir haben allerdings den Vorteil, dass wir, weil wir nicht mit Traditionen verwoben sind, viel mobiler sind. Wir haben eine unheimlich steile Lernkurve gemacht.


Heimat muss man sich schaffen, man muss auf die Leute zugehen.

Wie offen gehen eure steirischen Mitstreiter mit euch als Quereinsteigern um?
Wir sind extrem gut integriert. Heimat muss man sich ja auch schaffen, man muss sie aktiv zu Heimat machen und auf die Leute zugehen. Das hat mein Papa schon so gemacht, und ich bin ebenfalls nicht anders. Ich bin auch regelmäßig auf der Weinstraße unterwegs.

Ein wahnsinnig unangenehmer Teil des Jobs ...
Ja, total. (lacht) Es gibt ja selten zwei Winzer, die etwas bei einem Glas Wasser besprechen. Das ist Kultur hier. Wir sind auf die Kollegen in der Region immer zugegangen und haben sie auch vorab informiert, dass wir jetzt den Wechsel machen. Damit meine ich nicht nur Winzer, sondern auch Wirte, die Leute aus der Bank, den Bürgermeister. Wir mussten da einige Gläser Wein trinken. (schmunzelt) Und es ist alles sehr positiv aufgenommen. Der Grund ist auch, dass der Kontakt von Anfang an sehr persönlich war. Es ist in der Region so, dass es auch andere Investoren gibt, die Weingüter, Hotelprojekte oder Ähnliches bauen. Das kommt oft sehr negativ an und schafft eine schlechte Stimmung. Bei uns war man auch skeptisch, aber das hat sich sehr schnell gewandelt. Wir haben, das traue ich mich zu sagen, ein gutes Image, weil die Leute auch gesehen haben, dass wir hier nicht die Region aufkaufen wollen, sondern dass wir klein bleiben und eine individuelle Weinlinie haben. Sie haben erkannt, dass wir sehr reduziert arbeiten wollen. Wir versuchen auch in Sachen Bio vorne mit dabei zu sein und ein Vorzeigebetrieb zu werden. Jeder Mitarbeiter, der bei uns gelandet ist, ist auch bei uns geblieben. Manche sind schon seit 10, 11 Jahren bei uns. Das sagt schon einiges aus.

Einige Weingüter experimentieren gerade mit alkoholfreiem Wein. Ist so etwas auch bei euch ein Thema?
Ja, es braucht sicher auch alkoholfreie Produkte. Wir produzieren einen sehr wertigen, guten Traubensaft. Möglicherweise machen wir nächstes Jahr einen Verjus. Was für uns aber kein Thema ist, ist alkoholfreier Wein. Momentan kann ich mir das nicht vorstellen, weil es bei uns immer auch um die Natürlichkeit des Produkts geht und alkoholfreier Wein eben nicht natürlich ist. Da wurde dem Wein etwas entzogen. Wir wollen auch nicht zu viele Projekte. Unser Fokus liegt im Moment auf herkunftsbetonten Weinen.

Bei euch in der Region passiert gerade viel Neues. Was findest du persönlich besonders spannend?
Grundsätzlich gibt es eine Bewegung zu mehr Bio und natürlicherem Weinstil. Anfang der 2000er war die klassische Weinstilistik steirisch, frisch, resch. Sehr klassisch produzierte Weine. Das hat die Steiermark auch bekannt und beliebt gemacht. Und jetzt merkt man, dass gerade die Spitzenbetriebe mit einer anderen Stilistik arbeiten. Also, so wie auch wir, mit Fokus auf herkunftsbetonte Weine. Eher ein reduzierter und eigenständiger Weinstil. Da ziehen alle am selben Strang. Ich finde die Steiermark als Weinland sehr innovativ, ein Land, in dem sich viel bewegt. Viele sind auch international sehr erfolgreich. Und obwohl wir eigentlich ein verhältnismäßig kühles Klima haben mit viel Regen, haben wir trotzdem diese starke Bio-Bewegung, die eben schwieriger ist, wenn es recht nass ist. Und auch wenn man schaut, wie sich Buschenschanken oder Restaurants entwickeln, dann ist das schon sehr am Puls der Zeit. Ich sage immer, es ist ein Art Schlaraffenland. Es wird mit der Zeit gegangen, aber trotzdem das Traditionelle bewahrt.

Wie ist diese Veränderung für dich als Ex-Skispringer? Das sind ja sehr gegensätzliche Welten - der Profisport, wo es um Leistung und einen gesunden Lebensstil geht, und nun die genussbetonte Welt des Weines?
Es gibt den einen oder anderen Morgen, an dem es sich nicht so gut anfühlt. Also so rein körperlich. Aber es ist ja so: Als ich mit dem Skispringen aufgehört habe, ist parallel dazu das Weingut entstanden. Die Zeit im Spitzensport war eine lange Zeit der Askese, gerade das Skispringen. Da musste man auf wirklich vieles verzichten auf Grund des Spitzensports. Und dann kommst du in die Südsteiermark und alles dreht sich um Genuss. Dafür war ich natürlich sehr empfänglich. Mittlerweile kann ich sagen, dass ich mir kein Leben ohne beide Seiten vorstellen könnte. Ich brauche beides. Ich bin nach wie vor leidenschaftlicher Sportler, habe eine Sportlerseele, und die wird natürlich bleiben. Und ich weiß, dass beim Weinkonsum ein Inhaltsstoff dabei ist, der in einem gewissen Ausmaß nicht gesund ist. Ich muss also etwas tun, damit ich fit bleibe. Es ist aber so, dass ich immer gesundheitlich betrachtet an das Positive im Wein denke. Wein ist ein soziales Getränk. Wir machen auch durch die Entscheidung Biowein zu produzieren keine Massenware. Uns geht es nicht um den Alkohol, sondern um Genuss und Philosophie. Ich mache also gerne Radausfahrten und lande am Ende dann in einer Buschenschank auf ein, zwei Gläser Wein und eine gute Jause. Das Leben ist viel schöner mit Genuss.

Welcher eurer Weine ist aktuell dein Lieblingswein und zu welcher Speise kombinierst du ihn?
Mein momentaner Lieblingwein ist ein Ried Sernau Burgunder. Ein Lagenwein, Verschnitt aus Grau- und Weißburgunder, im Holzfass ausgebaut. Mir gefällt der Wein deshalb besonders gut, weil es eine schöne Burgunderstilistik ist, die elegant, aber trotzdem filigran und nicht zu üppig ist. Der Wein ist ein guter Allrounder, passt auch gut zu Vegetarischem, was praktisch ist, weil ich gerade versuche, weniger Fleisch zu essen. Ehrlicherweise brauche ich zu dem Wein aber eigentlich gar kein Essen.

Weingut NeueHeimat
Sernau 29
8462 Gamlitz
www.neueheimat.wine