Hubert Wallner im Interview

GUSTO hat mit Hubert Wallner, der bis 5. November im Dstrikt Steakhouse des Wiener The Ritz-Carlton ein Gastspiel gibt, gesprochen.

Hubert Wallner im Interview

Die Zusammenarbeit des The Ritz-Carlton mit renommierten österreichischen Köchen ist bereits zur schönen Tradition geworden. Man denke nur an die Gastspiele von Christian Petz oder Max Stiegl. Nun können die Gäste des Dstrikt Steakhouse bis 5. November die prämierte Küche von Hubert Wallner genießen. Der Ausnahmekoch vom Wörthersee und sein Souschef David Traun kochen Seite an Seite mit dem Dstrikt-Team rund um Executive Souschef Lukas Wieser.

Wallners Kreationen ergänzen die Abendkarte des Restaurants und sind zusätzlich auch als Fünf-Gang-Menü erhältlich. Highlights sind etwa „Ceviche 2.0“, „Branzino aus Piran“ oder auch „Short Ribs und Kobe Beef“. Bei der stimmigen Weinauswahl vertraut Wallner, der vor Kurzem zum Krug Ambassador ernannt wurde, voll und ganz auf das Wissen der vielfach ausgezeichneten Sommelière Sindy Kretschmar.

INTERVIEW: GUSTO hat Hubert Wallner getroffen und mit ihm über sein Gastspiel im Dstrikt Steakhouse, die heimische Küche und die Probleme der Gastronomie gesprochen.

Herr Wallner, wenn wir vom Dstrikt Steakhouse sprechen, stellt sich sofort die Frage: Wie muss Ihr Steak sein?
Rare. Weil man so das Fleisch wirklich schmecken kann. Es ist aber auch vollkommen in Ordnung, wenn ein Gast zu mir sagt, er möchte sein Steak durchgebraten. Jeder soll es so essen, wie es ihm schmeckt.

Sie sind in einer Hotelierfamilie aufgewachsen, die auch eine Fleischerei betrieben hat, und dadurch mit Fleisch groß geworden. Wie ist heute Ihr Bezug dazu?
Ich bin bekannt dafür, gerne Fleisch zu essen. Wahrscheinlich esse ich zu viel davon, also oft mittags und abends. Wir versuchen aber immer, wenn das Restaurant zu hat, bewusst gesund zu leben: Es gibt dann drei, vier Mal Vegetarisches, sehr viel Fisch und nur einmal Fleisch pro Woche. Ich achte dabei auf regionale, hochwertige Produkte.

Generell plädieren Sie dafür, dass wir uns der Qualität der österreichischen Produkte mehr bewusst sein sollten.
Ich finde, man sollte einfach auf die Produkte des eigenen Landes schauen. Der Italiener ist etwa stolz auf seine Nudeln, dabei hat er sie nicht einmal erfunden. Ich würde nie Strauß oder Krokodil auf die Karte geben. Das sollte man dort essen, wo es das gibt. Wir schauen lieber mit Stolz auf die heimische Küche, deshalb haben bei unserem Gourmetmenü auch mal Knödel einen Platz. Warum nicht? Wir kochen mit der Heimat im Herzen. Ich bin vor 17 Jahren aus dem Ausland wieder zurückgekommen, weil die Produkte, die wir in Österreich haben, wahrer Luxus sind. Denken wir nur mal an unser Trinkwasser. Wenn man in anderen Ländern den Wasserhahn aufdreht, kann man das, was aus der Leitung kommt, niemals einfach so trinken. Wir haben in Österreich saftige, grüne Weiden, wir haben Seen, in denen wunderbare Fische gezüchtet werden. Wir haben einen Ackerbau, den es außerhalb Österreichs kaum mehr in dieser Qualität gibt. Diese Dinge bewusst zu schätzen: Das müssen viele von uns erst wieder lernen.

Was gehört für Sie persönlich zu einem gelungenen Abend dazu - sei es nun privat oder in Ihrem Restaurant?
Wenn alle Gäste zufrieden sind und wenn sie vielleicht auch sagen, dass sie überrascht wurden und etwas erlebt haben, mit dem sie nicht gerechnet hätten. Zudem, wenn positives Feedback in die Küche kommt. Ich glaube, dass das, was man gern und mit Leidenschaft macht, sich auch auf die Mitarbeiter überträgt. Und wenn ein Mitarbeiter am Abend sagt, dass das ein geiles Service war, dann fühlt sich das ebenfalls gut an. Dann weiß ich, dass ich es richtig gemacht habe.

Heutzutage müssen viele den Gürtel etwas enger schnallen. Spüren Sie das auch in Ihrem Gourmetrestaurant?
Wir haben einen sehr hohen Stammgästeanteil, sind aber kein Lokal, in das man drei Mal die Woche geht. Was wir schon merken ist, dass Gäste, die bisher zwei, drei Mal im Monat gekommen sind, jetzt vielleicht nur noch ein Mal kommen, sich diesen Abend aber weiterhin ganz bewusst gönnen und sich damit belohnen. Was auf jeden Fall mehr wird, ist der sogenannte Gourmettourismus, den viele stets belächelt haben. Das sind Menschen, die extra anreisen, weil sie sich das Restaurant ansehen möchten und dann auch ein großes Menü mit Weinbegleitung bestellen. Und es gibt trotz allem schon auch noch den Typ Gast, der für eine Flasche Wein weit über 1.000 Euro bezahlt.

Eine Schwierigkeit, mit der Gastronomen seit Monaten stark zu kämpfen haben, ist der Mangel an geschultem, gutem Personal. Betrifft Sie dies ebenfalls?
Es ist schon schwieriger als in den Jahren davor. Früher hatten wir sehr gutes Personal, aber weniger Gäste, die einen Abend umfangreich zelebriert haben. Jetzt hätten wir Gäste mit dem Verständnis, es sich bei uns bewusst gut gehen zu lassen, aber nicht genug ausgebildete Mitarbeiter. Wenn man früher eine Stelle ausgeschrieben hat, dann hat man rund sieben Bewerbungen bekommen. Heute schreibt man fünf, sechs, sieben Stellen aus und bekommt eine Zuschrift. Das hat sich gedreht. Die Zeiten, in denen die Mitarbeiter in der Gastronomie schlecht behandelt wurden, sind auf jeden Fall vorbei.

Hätten Sie Lösungsideen?
Die Politik ist mit Sicherheit gefragt. Wir wollen in der Gastronomie nichts geschenkt, aber viele Verordnungen werden von Menschen erlassen, die von der Branche zu wenig wissen. Wirtschafts- und Arbeiterkammer sollten gemeinsam agieren, nicht gegeneinander. Ein Problem sind etwa die zu hohen Lohnnebenkosten. Ich finde auch, dass der Kollektivlohn angehoben werden müsste. Keiner zahlt in unserer Branche mehr nach Kollektiv, alle zahlen über Kollektiv. Das wären kleine Schritte, die man sofort machen könnte. Das Prinzip der Vier- bis Fünf-Tage-Woche mit Acht-Stunden-Diensten halte ich hingegen für Nonsense. Das funktioniert in der Gastronomie nicht. Da müsste man flexibler sein, indem es etwa ein anderes Lohnschema gibt. Manche Junge wollen vielleicht sechs oder sogar sieben Tage arbeiten, manche 14 Stunden, weil sie auf etwas hinsparen oder den Ehrgeiz haben. Wir sollten die Möglichkeit haben, solche Mitarbeiter dementsprechend zu entlohnen. Ich würde gerne jedem Mitarbeiter 5.000 Euro netto zahlen. Aber das wären brutto 12.000 Euro. Dieses Bruttogerüst ist für uns Arbeitgeber erdrückend. Das kann sich kein Mensch leisten.

Wie sehen Sie die Situation des Gastro-Nachwuchses?
Wir hatten jetzt wieder ein paar sehr gut geschulte Praktikanten aus ganz Österreich. Und ich habe mich extrem gefreut, weil sie dieses Feuer in den Augen und Lust auf Gastronomie hatten. Bei uns ist es so, dass die Jungen alles machen, aber eben nicht nur sie. Es passiert, dass ich mal den Boden aufwische, während der Praktikant den Fisch zerlegt. Man muss den Nachwuchs für den Job begeistern und ihn etwas Anständiges lehren, damit er dieses Brennen und die Begeisterung für den Job spürt und behält. Man kann Praktikanten nicht einfach Zwiebeln schälen und putzen lassen. Wenn ich als Chef mit gutem Beispiel vorangehe und auch mal den Abfluss sauber mache, wird der Mitarbeiter nie sagen: „Das mache ich nicht.“

Sie haben auch als Lehrling begonnen, nun sind Sie einer der besten Köche Österreichs. Wie wichtig sind Ihnen Hauben, Sterne und Co.?
Sie sind wichtig, um wahrgenommen zu werden, auch im Ausland, den Österreich ist ein wenig ein kulinarischer, weißer Fleck auf der Landkarte. Hier schließt sich übrigens auch der Kreis: Auszeichnungen bringen nicht nur Gäste, sondern auch gute Mitarbeiter. Weil sie immer eine Leistung des gesamten Teams sind und dieses ebenfalls davon profitiert.

Gibt es eine Auszeichnung, die Ihnen ganz besonders viel bedeutet hat?
Ich habe mit der Auszeichnung von Gault&Millau zum Koch des Jahres 2020 nicht gerechnet. Ich wollte das immer werden und habe mir immer gedacht, dass es so viele gute, junge Köche in Österreich gibt. Bis ich da dran wäre, so eine Auszeichnung zu bekommen, könnte ich 66 Jahre alt sein. Dass ich diesen Titel dann sehr überraschend verliehen bekommen habe, hat mich sehr gefreut. Ich habe dies dann auch noch mit dem Team gefeiert an dem Abend: sehr lange und sehr fröhlich. Das war ein ganz besonderer Moment.

Dstrikt Steakhouse
The Ritz-Carlton
Schubertring 5, 1010 Wien
Mi. bis Sa., ab 18 Uhr
Bis 5. November 2022
dstrikt.com