Das köstlichste Martinigansl
Wolfgang Schlüter, GUSTOs Mastermind der österreichischen Küche, ist Ihr persönlicher Coach am Weg zu einem perfekten Austro-Klassiker. Dieses Mal verrät Schlü, wie Ihr Martinigansl besser als je zuvor gelingt.
So wird's am besten
Produkt
Der Geschmack hängt von der Qualität der Gans ab. Auch wenn Tiefkühlware meist gute Qualität bieten kann, bevorzuge ich trotz des höheren Preises frische Bio-Ware (im Speziellen Weidegänse). Hochwertige Gänse erkennt man am festen Fleisch und an der unverletzten, am besten noch weißen Haut.
Wenn die Gans doch tiefgekühlt ist
Die gefrorene Gans aus der Verpackung nehmen, auf einen Rost über eine Form legen und möglichst langsam auftauen lassen – am besten im Kühlschrank. Je nach Größe muss man mit ca. 20 Stunden rechnen.
Federkleid
Eventuell vorhandene Federkiele entferne ich entweder mit einem Bunsenbrenner oder nach ca. 30 Minuten der Bratzeit. Nach dieser Zeit hat sich die Haut gestrafft, die Kiele stehen nach oben und lassen sich mit einer Pinzette auszupfen.
Innereien und Hals
Die zumeist extra verpackten Innereien und der Hals finden sich in der Bauchhöhle der Gans. Ich verwende die Innereien für die Zubereitung einer Ganslsuppe. Den Hals am besten klein hacken und mit der Gans mitbraten.
Bauchfett entfernen
Überschüssiges Fett, das sich im Bauchraum (vorwiegend seitlich) befindet, entferne ich vor dem Braten. Es ist sehr schmackhaft und kann zu Ganslschmalz verarbeitet werden.
Flügerl stutzen
Damit sich die Flügerl während des Garens nicht vom Körper abspreizen und verbrennen, schneide ich sie ab. Dafür die Haut am Gelenk einschneiden, zwischen den Gelenken brechen und mit einem scharfen Messer durchtrennen. Auf dem Blech mitbraten oder damit eine Suppe zubereiten.
Binden
Damit sich die Gans während des Bratens nicht verformt, bindet man sie mit Küchenspagat.
Übergießen
Oft wird die Gans während des Bratens mit gesalzenem Bier, Salzwasser oder mit Honig und Suppe (zu gleichen Teilen gemischt) bestrichen. Ich übergieße das Gansl lieber die erste Hälfte der Garzeit nur mit entstehendem Bratfett.
Knusprige Haut
Ca. 30 Minuten vor Ende der Garzeit steche ich die Haut an den Unterseiten der Keulen mit einem Spieß ein, so kann überschüssiges Fett ablaufen und die Haut wird auch an diesen Stellen knusprig. Wenn ich finde, dass die Haut noch etwas Knusper vertragen kann, erhöhe ich gegen Ende der Garzeit zusätzlich die Backrohr-Temperatur.
Garprobe
Tritt beim Anstechen klarer Saft aus, nimmt man die Gans heraus und lässt sie kurz warm rasten.
Rosa oder durchgebraten?
Ich liebe die Gans zartrosa, aber es gibt auch viele, die sie eher durchgebraten mögen. Am einfachsten lässt sich der Garzustand mit einem Bratenthermometer feststellen.Die Spitze des Thermometers zwischen Rumpf und Keule stechen: Bei einer Kerntemperatur von 75–80 °C ist das Gänsefleisch noch rosa, bei rund 85 °C durchgegart.
Ganslschmalz
Der Großteil des Fetts brät sich beim Garen heraus und wird am Ende der Garzeit abgeschöpft. Ganslschmalz hat einen höchst aromatischen Geschmack und eignet sich zum Beispiel hervorragend für die Zubereitung von Rotkraut oder zum Braten von Geflügelgerichten, es ist aber auch ein köstlicher Brotaufstrich: pur oder mit Apfelstücken, Gewürzen und/oder Kräutern verfeinert.
Meine liebste Beilage
Ich packe die Knödelbeilage gerne als Fülle in die Gans. Für meinen Favoriten, eine Laugengebäck-Nussfülle, rühre ich 100 ml Kaffeeobers, 3 mittlere Eier, 2 EL Crème fraîche und 30 g Schnittlauchröllchen glatt. Ich schneide 250 g Laugengebäck in ca. 2 cm große Stücke und übergieße es zusammen mit 100 g gehackten Walnüssen in einer Schüssel mit der Obersmischung. Alles vermischen, 30 Minuten ziehen lassen und dann die Gans vor dem Binden damit füllen. Ein Gedicht!
Resteverwertung
Gebratenes Fleisch von den Knochen lösen und mit zwei Gabeln in Fasern zupfen (pullen). Fleisch zum Beispiel als Einlage in einer Ganslsuppe, in einem Gröstl, einer Pasta, in einem Salat oder einem Burger verwenden. Mein Favorit ist Rillet: Dazu Gänseschmalz gut cremig rühren, Ganslfleisch und gehackten Knoblauch untermischen. Mit Majoran, Salz und Pfeffer würzen.
Noch mehr Ideen für die Gansl-Resteküche finden Sie hier.
So wird's gekocht
4 Portionen
Zubereitung: ca. 3 1/2 Stunden
Zutaten:
1 Gans (bratfertig; ca. 3kg)
200 ml roter Portwein
250 ml Gemüsesuppe
Fülle:
1 Apfel
1 Bio-Orange
1 Zweig Petersilie
1 Zweig Liebstöckel
Weiters: Salz, Majoran
Zubereitung:
1. Rohr auf 200 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Gans innen mit Salz und Majoran würzen.
2. Apfel halbieren, Kerngehäuse ausschneiden. Apfel und Orange ungeschält grob schneiden. Gansl mit Petersilie, Liebstöckel sowie Apfel- und Orangenstücken füllen, mit Spagat binden. Gansl rundum mit Salz gut einreiben.
3. Backblech mit hohem Rand fingerhoch mit Wasser füllen. Gans mit der Brustseite nach oben hineinlegen und im Rohr (unterste Schiene) ca. 2 1/2 Stunden braten; dabei immer wieder mit dem entstehenden Bratfett übergießen. Nach ca. der halben Garzeit Gansl nicht mehr übergießen.
4. Gansl herausnehmen und 10 Minuten rasten lassen. Fettschicht vom Saft schöpfen. Saft und Wein in einen Topf gießen und fast zur Gänze einkochen lassen. Suppe zugießen, Sauce ca. 5 Minuten köcheln, abseihen. Gans tranchieren und mit Sauce und Beilagen anrichten.
Schlüs Lieblingsbeilagen
Maronikraut
4 Portionen
Zubereitung: ca. 1 Stunde
Zum Marinieren: 8 Stunden
Zutaten:
700 g Rotkraut
2 EL Zitronensaft
100 ml Rotwein
100 ml Portwein
100 g Zwiebeln
20 g Kristallzucker
200 ml Gemüsesuppe
2 EL Preiselbeerkompott
2 gestr. EL Speisestärke
150 g Maroni (essfertig)
1 EL Butter
Salz, Pfeffer, Zucker
Zubereitung:
1. Rotkraut vierteln, Strunk ausschneiden. Kraut in feine Streifen schneiden, mit Zitronensaft, Rot- und Portwein mischen. Kraut zudecken und im Kühlschrank ca. 8 Stunden marinieren lassen.
2. Zwiebeln schälen und würfeln. Zucker hell karamellisieren lassen, Zwiebeln zugeben, goldbraun rösten und mit Suppe ablöschen. Rotkraut samt Marinade und das Kompott zugeben. Durchmischen und ca. 40 Minuten weich dünsten.
3. Kraut ca. 10 Minuten offen köcheln. Stärke mit 2 EL Wasser vermischen, in das Kraut rühren und kurz mitköcheln. Etwas Zucker in Butter anschwitzen, Maroni zugeben und darin schwenken. Maroni unter das Kraut mischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Erdäpfel-Nussknödel
4 Portionen
Zubereitung: ca. 1 Stunde
Zutaten:
500 g mehlige Erdäpfel
60 g feiner Weizengrieß
40 g glattes Mehl
1 EL Speisestärke
1 Dotter
1 EL Butter
80 g Walnüsse (grob gehackt)
Salz, Muskat
Zum Schwenken:
40 g Butter
Zubereitung:
1. Rohr auf 150 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Erdäpfel waschen, in der Schale kochen, auf ein Backblech legen und im Rohr (mittlere Schiene) ca. 20 Minuten ausdampfen lassen. Schälen und durch eine Erdäpfelpresse drücken.
2. Erdäpfel mit restlichen Zutaten, Salz und 1 Messerspitze Muskat zu einem glatten Teig verkneten.
3. Aus dem Teig 8 Knödel formen, in kochendes Salzwasser legen und ca. 15 Minuten köcheln. Hitze reduzieren und die Knödel ca. 5 Minuten ziehen lassen.
4. Butter bis zum Aufschäumen erhitzen. Knödel mit einem Siebschöpfer aus dem Wasser heben, abtropfen lassen und in der Butter schwenken.