Kleine Reise der Teekultur
Rund um den Globus sind Tee und teeähnliche Getränke wie Kräuter- und Frucht-Aufgüsse geschätzte Begleiter. Die Art, wie sie ins gesellschaftliche Leben eingeflochten werden, und die Rituale, die sich darum entwickeln, fallen in den verschiedenen Kulturen aber sehr unterschiedlich aus. Eine kleine Reise.
Österreich trinkt Tee. Am allerliebsten haben wir hierzulande einen Kräuteraufguss im Teehäferl. Die Österreicherinnen und Österreicher schätzen den herben Geschmack und die gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe der wertvollen Kräuter aus der Natur. Auch Früchtetee steht hoch im Kurs. Gemeinsam mit Kräutertee machten die wohltuenden Fruchtmischungen 2016 laut Österreichischem Kaffee- und Tee-Verband ein Gesamtmarktvolumen von rund 80 % aus. Während in heutiger Zeit der Gesundheitsaspekt eine zunehmend große Rolle spielt und auf die Naturingredienzen des Heißgetränks Wert gelegt wird, erzählt die Tradition noch eine andere Geschichte. Das Mischen mit Branntwein oder Schnaps war lange Usus. Auch heute noch ist Tee mit einem „Schuss“ starken Alkohols eine beliebte Variante, vor allem bei kaltem Wetter. Für den weithin bekannten Jagertee wird ein kräftiger Schwarztee mit Inländerrum versetzt. Diese Mischung „heizt ein“ und wird vor allem in geselliger Runde konsumiert. Von der Wärme österreichischer Geselligkeit reisen wir nun Richtung Norden.
Die Briten und ihr „tiefer“ Tee
Peinlich, sehr peinlich – wenn es um die Etikette beim Tee geht, können selbst kleine Verstöße zum Drama mittleren Ausmaßes avancieren. Wer als Gastgeber beim formellen Afternoon Tea die vorgegebene Gestaltung der einzelnen Gänge zum Tee missachtet und damit seine Unkenntnis offenbart, gibt sich klar der Peinlichkeit preis. Viel weniger ist aber erforderlich, um sich als Gast eine Blamage zu leisten. Allein schon mit dem Löffel lässt sich eine ganze Reihe an Untaten begehen. So sollten Löffel und Porzellan beim Rühren möglichst nicht aneinanderstoßen, Reibegeräusche sind ein No-go. Das Kreisen mit dem Löffel am Tassenboden fällt also weg, ihn als Schöpfrad zu benutzen und einzelne Löffel voll Tee an die Luft zu heben, ist ebenfalls tabu. Denn dabei können Tröpfchen unkontrolliert in die Tasse zurückfallen und Spritzer verursachen. Disgusting! Empfehlenswert ist ein sanftes Schwenken des Löffels mit „Anstandsabstand“ zur Tasse. Nach dem Schwenken darf der Löffel nicht in der Tasse verbleiben, sondern wird auf der Untertasse platziert. Aber nun bloß nicht den Fehler begehen und den Löffel zum Mund führen. Speichel am Teelöffel wäre ein Fauxpas höchsten Grades. Besser den Löffel sanft über den Tassenrand gleiten lassen und abfließende Flüssigkeit so abstreifen.
Weshalb der Afternoon Tea auch „Low Tea“ genannt wird? Das kommt daher, dass der Adel den Tee früher an tiefen Tischen im Salon zu sich genommen hat. „High Tea“ ist übrigens weder qualitativ hochwertiger, noch für Bessergestellte und auch nicht mit psychedelischen Substanzen versehen. Es ist der Tee der einfachen Bevölkerung zum Abendessen, der am Esstisch getrunken wird, nicht an den niedrigen Salontischen des Adels. In der viktorianischen Zeit fand das Volk Gefallen daran, mit dieser Begriffswahl den oberen Schichten etwas entgegenzusetzen.
Der Ursprung des Tees
Eine Reise der Teekultur, selbst eine kleine, führt immer und ausnahmslos nach China. Denn hier finden sich die ältesten Wurzeln aller Teekultur weltweit. Nicht nur die Teepflanze und die Zubereitungsrituale sind hier geschichtlich verankert, auch die Seele des Tees, sein spiritueller Mehrwert scheint hier weitaus lebendiger als andernorts. Schon die Zubereitung gleicht einer Meditation und ist ein Ruhe spendender Prozess voll Konzentration und Besinnung. Gong Fu Cha ist die heute verbreitetste Variante der chinesischen Kunst der Teezubereitung. Sie beginnt mit dem Überspülen der Teekanne und Tassen mit heißem Wasser. Bevor der eigentliche Tee zubereitet wird, dient ein erster Aufguss dazu, die Teeblätter zu „öffnen“ und einen Teil der Bitterstoffe abzutragen. Bis der zweite Aufguss die optimale Trinktemperatur erreicht hat, steht der wunderbare Duft des Grünen Tees im Mittelpunkt. In eigene Riechtassen abgefüllt, geben sich Teegenießer den ausdrucksstarken Geruchsnuancen hin.
Von China in die ganze Welt
Mehreren Schulen und Arten der Teezeremonie kann man in Japan begegnen. Die spirituelle Verknüpfung mit der Teezubereitung und die Wertigkeit von Tee in der Gesellschaft sind in Japan sehr hoch, dennoch lassen sich ihre Ursprünge auf die chinesische Teekunst zurückführen. Jeder dieser zeremoniellen Abläufe ist bis ins kleinste Detail protokolliert und jedes davon, gilt es haarklein zu befolgen. Auch die tibetische Teekultur hat ihren Ursprung in China. Über die Zeit haben sich auch hier kulturelle Eigenheiten entwickelt. Zum Beispiel wird der Tee hier zu kleinen Blöcken gepresst. Für den Verzehr mengt man dem Tee in Tibet gerne Butter und Salz bei. Während Tee in China vornehmlich aus Porzellan und in Tibet aus Holzgefäßen getrunken wird, nippt man den Tee in der Türkei aus dem Glas. Schwarzer Tee ist zu jeder Tageszeit willkommen und wird Hausgästen als Zeichen der Gastfreundschaft gereicht. Ob Tibet, Türkei oder Russland oder jedes andere Land, das einem spontan einfällt, fast allerorts findet sich ein ganz spezielles Verhältnis zum Tee. Wie ist Ihres?
In Kooperation mit Milford