"A Modo Mio": Auf meine Art
Das erste Kochbuch der in Wien lebenden Italienerin Alessandra Dorigato heißt wie ihr beliebter Blog und ihre Online-Kolumne bei „Der Standard“: „A Modo Mio“, auf meine Art. Bei ihr kann man das echte Italien entdecken: feine Familienrezepte, südländisches Lebensgefühl und warmherzige Geschichten machen dieses Buch zu einem Lesevergnügen, das sich wie ein sonniger Kurzurlaub anfühlt. GUSTO hat mit Alessandra Dorigato über ihre italienische Küche und ihr Buch geplaudert. PLUS: Kochbücher gewinnen!
Ist "A Modo Mio" dein erstes Kochbuch?
Ja, es ist das erste, und es war eine lange Geburt. Ich habe den Vertrag im Sommer 2021 unterschrieben. Es ist ein schönes Gefühl, es endlich zu veröffentlichen und es hinter mir zu haben.
A Modo mio – auf meine Art – wie ist es zu dem Namen gekommen?
Eigentlich habe ich ganz anders angefangen zu bloggen. Ich habe sehr viel genäht, als die Kinder klein waren. Mein Blog "A Modo Mio" war eine Sammlung von Näh-Anleitungen. Dann habe ich angefangen, auch ein paar Rezepte raufzuladen. 2017 hat mir dann Gerlinde Hinterleitner eine Kolumne im Standard angeboten, und ich habe zugesagt. Ich hätte mir niemals gedacht, dass der Blog so groß werden könnte, deshalb habe ich den Namen nicht geändert. Aber es passt eigentlich sehr gut. Und ich denke, mein Blog unterscheidet sich von anderen, weil ich diese Verbindung mit der italienischen Kultur habe und viele Geschichten erzähle. Es ist ein Blog auf meine Art. Deshalb passt der Name ganz gut.
Wie bist du eigentlich nach Wien gekommen?
Ich bin am 4. Juli 1999 nach Wien gekommen, um Deutsch zu lernen. Ich lebte damals im Trentino und habe unterrichtet. Deshalb hatte ich zwei Monate am Stück frei und habe mich gefragt: „Was mache ich mit meiner freien Zeit?“ Nach einem Monat in Wien habe ich gemerkt, dass das zu wenig Zeit war, um eine Sprache zu lernen. Also bin ich ein zweites Monat geblieben, aber danach hatte ich immer noch das gleiche Gefühl. Somit habe ich dann ein Sabbatical beantragt. Und es ist ein ganz schön langes Sabbatical geworden. (lacht) Ich bin noch immer da! Je älter man wird, desto mehr hat man das Gefühl, dass die Zeit fliegt. Und man fragt sich: „Wie kann es eigentlich sein, dass ich noch immer in Wien bin?“ (lacht)
Und du hast dich zudem in einen Österreicher verliebt und mit ihm eine Familie gegründet ...
Stimmt, ich würde schon sagen, dass Matthias der eigentliche Grund war, dass ich geblieben bin. Wir haben uns damals viele Gedanken gemacht, ob wir nach Italien ziehen. Aber wir sind beide in Wien verliebt. Die Stadt bietet so viel. Wir haben an Mailand gedacht, aber wo findest du so etwas wie den Wienerwald? Wo du einfach in Turnschuhen aus dem Haus gehen, im Wald laufen und ganz alleine in der Natur sein kannst? Aber auch in zehn Minuten mit der U-Bahn im Städtischen sein kannst? Und ich schätze es sehr, dass ich in Wien mitten in der Nacht auf der Straße unterwegs sein kann, ohne mich als Frau fürchten zu müssen. Die Stadt ist so kulturreich, du kannst alles Mögliche essen, du hast Wasser, du hast alles. Und wir haben uns überlegt, wo wir Kinder bekommen wollen. Und Wien ist dafür der ideale Platz.
Inwiefern hat sich das Kochen, seit du Kinder hast, verändert?
Ich muss das Thema ein wenig anders aufrollen. Unsere Art und Weise, wie wir jetzt essen, ist ganz anders als die Art, wie die Vorgängergenerationen gegessen haben. Wir können es uns heute leisten wählerisch zu sein. In der Vergangenheit konnte man das nicht. Wir hatten nicht so viele Lebensmittel zur Verfügung. Ich glaube, dieser Umstand hat uns sehr geprägt. Bevor der Tourismus in Italien groß wurde, waren die Menschen sehr arm. Es wurde alles Mögliche gegessen: Frösche, Schnecken, Tauben. Wir haben wirklich alles gegessen, um nicht zu verhungern. Die echte, italienische Küche besteht deshalb aus vielen Lebensmitteln, die die Menschen oft eigentlich nicht gerne essen: etwa Innereien und Hirn. Es gibt noch immer ein Sprichwort in Italien: „O mangi questa minestra o salti dalla finestra“. Das bedeutet, "Entweder isst du diese Suppe oder du springst aus dem Fenster". Es wird gegessen, was auf den Teller kommt.
Bist du ebenfalls so aufgewachsen?
Ja, und es gibt da auch eine lustige Geschichte. Ich hatte einen Freund und er mochte kein Huhn. Wir haben meine Mama besucht und was hat sie für ihn gekocht? Huhn. Heute komplett unvorstellbar. Sie wollte nicht respektlos sein, aber für sie in ihrer Kultur war es so, dass man Dinge und Speisen kosten musste. Sie hat das Hühnerfleisch in kleine Bällchen gepackt und er hat es gegessen. Und er hat gesagt: „Das ist so gut!“ Sie hat geantwortet: „Siehst du, du wolltest kein Huhn, aber jetzt hast du Huhn gegessen.“ Er hat zwar gemeint, er wird nie wiederkommen, aber das ist er dann natürlich doch. Und meine Mama? Die hat ihm wieder Huhn gemacht.
Machst du es es mit deinen Kindern auch so, dass sie alles zumindest probieren müssen?
Im Prinzip ja, aber meine Kinder haben sich bewusst entschieden, kein Fleisch zu essen. Sie sehen es als kleinen Beitrag für eine bessere Umwelt. Und das verstehe ich. Die italienische Küche ist auch generell so, dass wir nicht viel Fleisch essen. Es wird recht viel Fisch gekocht, aber weniger Fleisch als in Österreich. Ich zwinge sie natürlich nicht, Fleisch zu essen. Aber bei Gemüse werden sie schon eingeladen, zumindest zu probieren.
Oft reduziert man die italienische Küche auf das, was man bei einer Reise in einem Restaurant zu essen bekommt.
Die Österreicher lieben Italien – das Land, das Essen, die Speisen. Gibt es etwas, was Österreicher über die italienische Küche denken, was gar nicht zutrifft?
Nudeln mit dem Löffel zu essen, also Spaghetti mit Hilfe eines Löffels aufzurollen! (lacht) Aber eigentlich denke ich, dass die italienische Küche hierzulande oft auf das reduziert wird, was man bei einer Reise in einem Restaurant zu essen bekommt. Ich versuche mit meiner Arbeit die Vielfalt zu zeigen. Ich persönlich glaube, dass mein Blog eine Initiative gegen das kulinarische Vergessen ist, eine Arche des Geschmacks und der Traditionen. Es ist doch so: Wenn man ein Haus von einer Seite betrachtet, kann es wunderschön sein, aber ich mache mit meinem Blog eher eine Tour um und durch das ganze Haus. Eine kleine Reise durch Italien mit einem Blickwinkel, den man vorher noch nicht kannte.
Du sagst, du willst bei den Pasta-Workshops, die du regelmäßig gibst, "La Dolce Vita" vermitteln. Wie gelingt dir das?
Meine Kurse dauern sieben Stunden, es gibt aber auch Leute, die bleiben zehn Stunden. Ich lade sie nicht zu einem Kurs ein, ich lade sie in meine Küche in Italien ein. Wir essen, wir kochen, wir plaudern, wir trinken gute Weine, wir essen Delikatessen. Wir haben das Gefühl gemeinsam nach Italien zu fahren. Es ist auch für mich jedes Mal eine Begegnung, ein besonderer Moment. Mir hat vor kurzem ein Teilnehmer gesagt, ich habe die Gabe, glücklich zu machen. Und das sei ungewöhnlich bei einem Kurs, bei dem man etwas lernt.
Rezept aus "A Modo Mio": Farinata di ceci
Alessandra Dorigato über ihr Rezept: "Von all den Geschichten, die sich in Italien ums Essen ranken, ist jene von der Farinata di ceci für mich eine der schönsten. Angeblich verdanken wir diesen köstlichen Fladen ja den Genuesen. Zwar hatten sie 1284 die Seeschlacht bei Meloria gegen Pisa gewonnen, gerieten aber auf der Heimfahrt in einen schweren Sturm. Ein Teil der geladenen Ölfässer zerbrach. Das Öl vermischte sich mit Kichererbsenmehl und eingedrungenem Salzwasser. Vom Hunger geplagt, besannen sich die Seemänner irgendwann auf diesen Brei: Die Sonne hatte ihn getrocknet – und er schmeckte ausgezeichnet."
Zutaten:
300 g Kichererbsenmehl
600 ml kaltes Wasser
80 ml Olivenöl
1 TL Salz
1 EL fein gehackter Rosmarin
Pfeffer aus der Mühle
Zubereitung:
Mehl in eine Schüssel geben. Wasser nach und nach einrühren. Die Mischung zugedeckt im Kühlschrank 2–3 Stunden ruhen lassen. Gelegentlich umrühren. Den auf der Oberfläche entstehenden Schaum abschöpfen. Dann Öl, Salz und Rosmarin untermischen.
Backofen (Ober -/Unterhitze) auf 250 °C vorheizen. Den Teig in eine mit Öl gefettete ofenfeste Kupferpfanne oder eine Tarteform (∅ 24 cm) gießen. Wichtig: Der Teig sollte etwa 5 mm hoch sein. Die Farinata auf der untersten Schiene 12 Minuten backen. Hitze auf 200 °C reduzieren und weitere 15 Minuten auf der obersten Schiene hell- bis goldbraun backen.
Sofort mit reichlich frisch gemahlenem schwarzem Pfeffer würzen, kurz abkühlen lassen, dann noch warm schneiden und als Fingerfood mit einem Glas Weißwein oder Prosecco genießen.
Tipp:
Wenn Sie kein Kichererbsenmehl zu Hause haben, vermischen Sie einfach 500 g vorgekochte Kichererbsen mit 500 ml Wasser. Dann erreichen Sie eine ähnliche Konsistenz.
A Modo Mio
Alessandra Dorigato
Raetia Verlag
€ 27,50