Alles Traum & Schaum wenn es um die Mär des Silberlöffels in der Sektflasche geht

Fast jeder Sektliebhaber kennt diesen Tipp: Ein Silberlöffel soll den Schaumwein in einer angebrochenen Flasche länger frisch halten. Leider bringt der Trick nichts, wissen Forscher des Fraunhofer-Instituts nach einem Experiment. Auch das Deutsche Weininstitut, der Besteckhersteller WMF sowie die Kellereien Geldermann und Rotkäppchen gehen davon aus, dass der Löffel keinen Nutzen hat.

Wie Renate Mroncz von der Sektkellerei Rotkäppchen erklärt, bleibt das Kohlendioxid (CO2) in einer Flasche Schaumwein nur so lange vollständig gelöst, wie Gegendruck besteht. Im Kopfraum der Flasche besteht Überdruck. Öffnet man die Flasche, entweicht das CO2 allmählich. Allerdings dauere dieser Prozess länger, wenn die Flüssigkeit kalt sei, sagt Mroncz. Denn in kalten Flüssigkeiten bleiben Gase besser gelöst als in warmen. Einen Silberlöffel in die Flasche zu hängen, bringe nichts: "Ich weiß nicht, woher dieser Tipp kommt."

Unstimmigkeiten
Auch andere Experten können nicht genau sagen, wer das Löffel-Gerücht in die Welt gesetzt hat. Rainer Schweppe, Wissenschafter am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie, vermutet, dass der Rat von US-Forschern stammt. Ihre Annahme erscheint dabei durchaus schlüssig: Stellt man eine geöffnete Sektflasche mit Silberlöffel in den Kühlschrank zurück, soll der Silberlöffel warme Luft im Flaschenhals schneller nach außen leiten. Dadurch bleibe mehr Kohlensäure im Sekt gelöst, glaubten die Forscher. Sie wollten dabei die besonderen Eigenschaften von Silber nutzen: Es leitet Wärme besser als andere Metalle.

Fraglich
Eine Rolle könnte bei dem Experiment allerdings gespielt haben, dass der Löffel die Flüssigkeit nicht berührte. Denn das Gaspolster im Flaschenhals leitet die Wärme schlecht ab. Vielleicht, sagt Schweppe, wäre das Ergebnis sonst etwas anders ausgefallen. Doch wer stellt schon eine volle Sektflasche offen in den Kühlschrank?

Kein Unterschied
Wie das Deutsche Grüne Kreuz berichtet, schritt bereits 1987 die Dachorganisation der Champagner-Hersteller, das "Comite Interprofessionnel du Vin de Champagne", höchst selbst zum Versuch. Mit einem Gasdruck-Messgerät wurde getestet, ob geöffnete Champagner-Flaschen mit einem Löffel im Hals nach 24 Stunden mehr gelöstes Kohlendioxid enthalten. Resultat: Kein messbarer Unterschied.

Der Rat: Austrinken
Daher raten alle Experten zu einem dichten Sektflaschenverschluss. Außerdem sollte man den Schaumwein gleich nach dem Öffnen kühlstellen, weil das Kohlendioxid bei Zimmertemperatur sehr schnell entweicht. Noch dazu sorgt in die Flasche dringender Sauerstoff für aromaschädliche Oxidationsprodukte. Das kann für Genießer nur heißen: Flasche so schnell wie möglich leeren! (apa/red)