Bei diesen Gerichten freut sich der Gaumen:
Christoph Wagner aß im Restaurant RieGi
"Liebe und Ausdauer", sagt Harald Riedl, "sind die beiden wichtigsten Eigenschaften für einen wirklich guten Koch."
Nun, die Liebe, ja sogar die absolute Leidenschaft für seinen Beruf habe ich, Christoph Wagner, dem gebürtigen Oberösterreicher schon vor Jahren abgenommen. Was die Ausdauer betrifft, war ich mir da nicht ganz so sicher. Tauchte Riedl doch zuweilen in Vierteljahrsschritten als Küchenchef so unterschiedlicher Lokalitäten wie des "Guess-Clubs", des "Schwarzen Kameels", des "Barbaro's" oder des "Wirts am Berg" in Wels auf. Da mir dieses Job-Hopping (zugegebenermaßen durchwegs auf gastronomischen Prachtrössern) nicht ganz geheuer war, beschloss ich, erst wieder etwas über den in der Branche zunehmend als "exzentrisch" geltenden Herrn Riedl zu schreiben, wenn er es schaffte, zwei Jahre in einem Betrieb sesshaft zu bleiben.
Dieses kleine "Jubiläum" hat Riedl nun im "RieGi", das er gemeinsam mit Helga De Giuseppe, einer der liebenswürdigsten Gastronominnen Wiens, führt, erreicht, und es ist höchste Zeit, wieder einmal eine Zwischenbilanz von Riedls Kochkunst zu ziehen. Das Resümmée fiel, um es gleich vorwegzunehmen, wirklich bravourös aus. So gut wie unter dem (nach dem Vorbild des Cesar's Palace in Las Vegas je nach Lichtverhältnissen zwischen Tag- und Nachtblau schillernden) Kunsthimmel des "RieGi" habe ich in Wien schon lange nicht mehr gegessen. Mit dermaßen uhrmacherischer Akribie wie Riedl arbeiten in Zeiten des Return-of-Investment und der auch in der Spitzengastronomie immer deutlicher schmeckbaren System-Ansätze nur noch wenige.
Dabei entgehen Riedls Aufmerksamkeit bei aller Liebe zum Detail niemals die großen Geschmacksbögen, und stilsicher umschifft er die gefährlichen Klippen gefälliger Tellermalerei. Dass solche Meisterschaft nur auf der Basis einer perfekten Beherrschung des Handwerks möglich ist, beweisen vor allem Gerichte, die deutliche Anklänge an die "Grande Classique" aufweisen. Die dicht gewirkte Kalbssschwanzconsommé, das Seezungenfilet mit Ragout von Kalbskopf und Morcheln oder die knusprig umhüllte toskanische Taube mit Gänseleber und Junglauch hätte man in Pariser Sternetempeln nicht perfekter essen können.
Im übrigen hält Riedl die traditionell-mediterrane Linie des Lokals hoch und erfreut den Gaumen mit duftigen Gerichten wie Artischockentörtchen mit Artischockenconfit und Jakobsmuscheln oder Stockfischravioli mit Kabeljau und Paprikabutter. Grandios auch die Desserts vom Minzetörtchen mit Minzeis bis zu den Variationen über die Valrhona-Schokolade. Châpeau!
Adresse im Lokalführer: RieGi