Bio-Wein
In den vergangenen fünf Jahren steigerte sich die Menge des in Österreich erzeugten Bio-Weins um 261%. Bio ist im österreichischen Weinbau also nicht nur Thema geworden, sondern boomt sogar. Aber schmeckt Bio-Wein besser, ist Bio-Wein gesünder?
Vor 20 Jahren war die Zahl der Bio-Winzer noch handverlesen, die Erfahrungen gering, der Erfahrungsaustausch noch geringer, jeder kochte im wahrsten Sinne des Wortes sein Süpplein. Mit etwas Glück stammten die Weine vom Nikolaihof in Mautern, von Ilse Maier in Oberfucha oder von Günther Schönberger aus Mörbisch, die waren schon damals gut, der Rest eignete sich hervorragend zum Ansetzen von Bio-Essig.
Heute sieht die Sache anders aus, sehr anders. Wesentliche Teile der heimischen Winzer-Elite sind auf biologischen Weinbau umgestiegen, hängen das aber weder an die große Glocke noch weisen ihre Weine die damaligen Klischees schlampige Optik, grauslicher Geschmack auf. Gernot Heinrich, John Nittnaus , Fred Loimer , Fritz Wieninger , Josef Umathum , Hannes Hirsch , Karl Fritsch , Bernhard Ott , Paul Achs , Franz Weninger , um nur ein paar der wirklich sehr bekannten Namen zu nennen, die schon vor Jahren auf Bio-Anbau umstellten und die man auf allen renommierten Weinkarten antrifft.
Bio-Wein hat sein Image in den vergangenen zwei Jahrzehnten völlig verändert, der "alternative" Eindruck ist passé, Nachhaltigkeit, Bewusstsein und Gesundheit werden bei diesen durch die Bank edlen und durchaus auch hochpreisigen Kreszenzen vermittelt. Und auch die Menge hat sich verändert: Allein in den vergangenen fünf Jahren, also von 2007 auf 2012, steigerte sich das Volumen des in Österreich gekelterten Bio-Weins um 261%, von 63.900 Hektoliter auf 167.120 Hektoliter. Das sind Zahlen, die eine deutliche Sprache sprechen.
Aber wie ist das mit der Gesundheit? Ist biologisch angebauter Wein gesünder als konventioneller? Kommt drauf an für wen. Für den Boden, für die Flora und Fauna, die den Weingarten in großer Vielzahl bevölkern, wenn man sie nur lässt, auf jeden Fall. Ob wir Menschen diese Spritzmittel auf Trauben haben wollen, die mit der Zeit hoffentlich eh der Regen abwäscht oder die sich hoffentlich eh natürlich abbauen, bevor sie zu Wein gepresst werden, ist aber natürlich auch die Frage.
Bio-Weine sind jetzt vielleicht nicht unbedingt "gesünder" (sie enthalten nach wie vor Alkohol und vielleicht ein bisschen weniger Schwefel), aber schmecken dafür anders . Mehr nach dem Stück Land, auf dem sie gewachsen sind, weil die Vergärung mit natürlichen Hefen, die sich auf den Traubenschalen befinden, so genannte "Terroir"-Noten unterstreicht; weniger nach Alkohol, weil der Zuckergehalt von Bio-Trauben während der Reife langsamer zunimmt; mehr nach Wein, weil Bio-Weinen im Keller oft die Zeit gelassen wird, sich zu stabilisieren, ohne dass das durch Schönungen oder Schwefel gemacht werden muss, die den Wein zwangsläufig beschneiden.
Das Biowein-Lexikon
Bio-Wein ist nicht gleich Bio-Wein, es gibt verschiedene Kategorien und Philosophien. Das sind die wesentlichen im österreichischen Weinbau:
Organisch-biologischer Wein
Der mengenmäßig größte Anteil des heimischen Bio-Weins. Es wird auf chemische Düngung, auf Insektizide und Herbizide verzichtet, die Weingärten sind begrünt. Die heimische Bio-Regelung ist etwas strenger als die EU-Regelung, Winzer können sich in Österreich aussuchen, nach welcher Kategorie sie sich zertifizieren lassen.
Biologisch-dynamischer Wein
Die
Demeter-Vereinigung
geht noch ein paar Schritte weiter. Sie versteht den Weingarten als ganzheitlichen Organismus, in dem Mensch, Pflanze, Erde und Tiere miteinander verbunden sind und in Wechselwirkung stehen, beeinflusst vom Kosmos. Die Idee der biodynamischen Landwirtschaft fußt auf den Theorien Rudolf Steiners und klingt im ersten Augenblick einigermaßen esoterisch, Winzer machten aber die Erfahrung, dass sie die Funktionsweise des Spritzens mit "dynamisierten" Tees zwar nicht immer erklären können, es aber letztlich wirkt. Demeter hat übrigens auch für die Arbeit im Keller strenge Regeln.
Respekt-Gruppe
Eine nicht unwesentliche
Gruppe heimischer Top-Winzer
, die mehr oder weniger nach den Steinerschen Richtlinien arbeiten, allerdings nicht Mitglied beim Demeter-Bund sind und ihre Weine daher nicht "biodynamisch" bezeichnen dürfen. 14 Weingüter in Österreich zählen zu dieser Gruppe, allesamt zur Elite des heimischen Weinbaus zählend.
Schmecke das Leben
Eine
Gruppe von fünf steirischen Winzern
, teilweise Demeter-Mitglieder, die zweifellos zur Wein-Avantgarde des Landes zählen. Sie waren die ersten, die Wein in Erdfässern und in Amphoren ausbauten (Muster, Werlitsch, Tscheppe), sie waren die ersten, die völlig schwefelfreie Weine abfüllten (Strohmeier). Die Weine dieser fünf sind nicht nur biologisch, sondern seit Jahren Gesprächsstoff in allen Wein-Kreisen.