Blaufränkisch Unplugged: profil über das Ausnahme-Weingut Moric von Roland Velich

Was trinken, wenn man mit Gott einen heben gehen darf? Am besten quer durch, damit es möglichst lange dauert. Ich hatte vor einiger Zeit das überirdische Vergnügen, ganz privat mit Angelo Gaja, dem Winzer - na ja, eh Gott - aus dem Piemont, eine Reise durch die österreichischen Weinstile antreten zu dürfen.

Gaja, hatte ich mir sagen lassen, sei ein begnadeter und offener Verkoster, keiner, der Weine bloß auf Nähe und Distanz zu seinen eigenen Vorlieben abklopft. Sechsmal rot also, blind natürlich.

Und mittendrin war er: untypisch und schon deshalb herausragend, unheimlich wandlungsfähig im Glas. "Der hat Klasse", sagte Gaja, "und wirkt dabei überhaupt nicht mächtig. Dieser Winzer weiß sehr gut, was er tut, da wurde nur bestes Traubenmaterial verwendet." Wenige Minuten später kostete Gaja noch einen Schluck: "Jetzt entwickelt er eine Eleganz, die mich wirklich beeindruckt." Der Piemontese sprach damals über den Blaufränkisch Neckenmarkter Alte Reben 2005 vom Weingut Moric ( www.moric.at), den Vorgänger des vergangene Woche hier vorgestellten 2006ers, für den Roland Velich 95 Punkte in Robert Parker jr.s "The Wine Advocate" erhielt. Und er tat es so, wie Velich selbst über seine Weine spricht. Schlank und elegant sollte sein Portfolio sein, das stand fest, als Velich 2001 das familiäre Weingut im Seewinkel verließ, wo im Übrigen der schon öfter mit großen Burgundern verglichene Chardonnay "Tiglat" entsteht.

Velich nennt sein mittelburgenländisches Projekt "Blaufränkisch Unplugged" und meint damit, dass er sich auf die Spuren der Traubenkernkompetenz der Sorte geheftet hat. "Der Hintergedanke war, Boden und Mikroklima im Wein zu spiegeln." Terroir nennt man das, aber Velich mag das Modewort gar nicht, "weil es ziemlich missbraucht wurde, auch bei Weinen, die gar nichts von der Mineralität der Böden zeigen".

Velichs Stil lässt sich am besten mit der Formulierung "zurück zu den Wurzeln" beschreiben: extreme Traubenselektion, späte Ernte nach kühlen Nächten, Spontanvergärung, Spontanmalolaktik - und Finger weg vom neuen Holz. Sein Mantra: zulassen, begleiten, wenig eingreifen.

Verstanden wurde der Winzer deshalb lange nicht: "Die ersten Weine wurden als säuerlich und dünn bezeichnet, und ich bin bei Österreich-Verkostungen nicht nur einmal Letzter geworden." 2005 schrieb die "Süddeutsche Zeitung", die an Velichs Weinen längst Gefallen gefunden hatte: "Sie sind ihrer Zeit voraus." Kokett spricht Velich deshalb von seiner "Flucht ins Ausland". Deutschland, wo der 2006er Alte Reben in der "FAZ" kürzlich zum "Rotwein des Jahres" gekürt wurde, die USA und Großbritannien, wo Moric-Weine in den besten Restaurants (Wallsé, French Laundry, Gordon Ramsay) erhältlich sind - das sind seine Märkte. Und gefördert werden sie nun vor allem durch Parkers Österreich-Verkoster David Schildknecht, der Velichs Projekt "von Jahr zu Jahr spannender" findet - auch jenes Unternehmen, das der Winzer kürzlich um Zagersdorf startete und das in einen Wein namens "Jagini" münden soll. Velich: "Dort gilt es, eine jahrtausendealte Weinkultur zu bewahren." Stimmt: Die Traubenkerne, die Archäologen in einer bronzezeitlichen Siedlung bei Zagersdorf ausgruben, sind 2700 Jahre alt.