Das Für & Wider der vielen Gourmetführer: Sind sie wirklich wichtig oder überflüssig?
Sind Restaurantführer überhaupt noch notwendig? Für wen und von wem werden sie geschrieben? Ein neues Buch entfacht eine Diskussion über die Vor-und Nachteile von Restaurantführern. FORMAT stellt zwei Meinungen gegenüber: Haubenkoch Joachim Gradwohl hält Gourmetführer für wichtig, Autor Peter Gnaiger für entbehrlich.
Pro:
Joachim Gradwohl,
Küchenchef Meinl am Graben
Für uns in der Gastronomie ist jeder Restaurantführer wichtig, da er zum einen die Restaurantszene belebt und zum anderen jeder eine eigene Leserschaft anspricht. Außerdem sieht jeder Kritiker das Geschehen aus einem anderen Blickwinkel bzw. vertritt seine Leser - denen gegenüber er auch eine Verantwortung trägt; und was für den einen in der Relation zu teuer ist, scheint dem anderen gerade recht und billig. Selbstverständlich sind es aber gerade auch die Kritiker, die uns international messen und uns damit natürlich auch jeden Tag aufs Neue fordern. Zu guter Letzt haben sie aber auch die Funktion, die unterschiedlichen Küchen-und Stilrichtungen zu beurteilen und zu richten, ob sie gelungen, genial, schwachsinnig oder einfach billige Kopien sind.
Auf jeden Fall sind die Bewertungen aber auch für unsere Gäste sehr spannend, da sie sich bei guten Kritiken mit uns freuen, bei schlechten mit uns leiden, uns trösten und von Neuem motivieren.
Kontra:
Peter Gnaiger
Redakteur der "Salzburger Nachrichten" und Koautor von "In die Suppe gespuckt"
Österreich ist Weltklasse! Zumindest was die Anzahl der Gourmetführer betrifft. Der "Gault Millau" schickt 40 Tester in die heimischen Lokale, der "Guide Michelin" zwölf, "A la Carte" 50, und der VipGourmetclub hat 7.000 Mitglieder im Einsatz. Meine Lieblingskategorie der Gastrokritik habe ich aber in der "Mucha" gefunden. Da wird gefragt: "Haben Sie auch die Facilities, um einen Babybrei zuzubereiten?" Respekt! Das muss sich erst mal jemand einen Koch fragen trauen.
Wem nützt ein Gourmetführer heute? Dem Wirt? Nur bedingt: Für die hatte der "Gault Millau"-Chef Karl Hohenlohe kürzlich in einem Interview folgende Botschaft: "Wir sind nicht für die Gastronomen da."
Klar ist: Die Gourmetführer müssen krampfhaft Mode machen, um im Gespräch zu bleiben. Gut: Das machen Designer wie Karl Lagerfeld auch. Aber die können wenigstens schneidern und wissen, wovon sie reden. Was von den meisten Laiendarstellern der Gourmetführer wirklich nicht behauptet werden kann.
Bleibt den Gourmetführern also nur noch der Reiseführer-Schmäh, um sich unentbehrlich zu machen. "Wie würde sonst jemand das Gourmet-Restaurant auf dem Land finden?", fragen sie ausdauernd. Das ist ganz einfach: Fahren Sie nach Mayerling oder Werfen und fragen Sie den erstbesten Passanten nach dem teuersten Lokal im Dorf. Und er wird Ihnen stolz das jeweils einzige Haubenrestaurant nennen. Er wird Ihnen aber auch sagen, dass hier keine Einheimischen einkehren.
Die komplette Story lesen Sie im aktuellen FORMAT Nr. 45/06