Das pannonische Wunder: Ein untypischer heimischer Rotwein im Parker-Olymp

Roland Velich weiß jetzt, wie Köche sich fühlen, wenn ihnen das Tor zum Olymp geöffnet wird: "Der Sprung von 94 auf 95 Punkte in Robert Parkers, Wine Advocate' ist wohl so ähnlich wie der von zwei auf drei Michelin-Sterne." Geschafft hat er es, als erster Österreicher, mit seinem Blaufränkisch Neckenmarkter Alte Reben 2006, einem in der heutigen Welt der Weine unüblich feingliedrigen und eleganten Rotwein, dessen 2004er-Edition bereits 94 von 100 Punkten erzielt hatte.

Dieser Erfolg des Burgenländers erzählt aber nicht nur die bemerkenswerte Geschichte, wie der Winzer seine Start-up-Winery namens Moric an die Weltspitze hievte - vorbei am präsumtiven Geschmack des mächtigsten Mannes in der Weinwelt: eben jenem US-Kritiker Robert Parker jr., der Velich nun dort positionierte, wo bislang die Châteaux Mouton Rothschild, Palmer oder Petrus, spanische Garagen-Weingüter und Leute wie Angelo Gaja unter sich waren.

"Süßlich rauchige Anklänge von Sechuan-Pfeffer und Lapsang-Tee", "Mineralik, die in ein Konzentrat von Soja, Meerwasser und Rinderfond mündet", und eine "schimmernde Vielfalt" an mineralischen Tönen, "die das Gefühl verleihen, dieser Wein muss einfach die Urgesteinsböden um Neckenmarkt spiegeln": Dass Parkers "Wine Advocate" so von Velichs Rotem schwärmt, ist jener Teil der Erfolgsgeschichte, der für die gesamte Weinwelt von Interesse ist. In der Parker'schen Bewertungspolitik vollziehe sich nämlich, wie Velich findet, ein "Paradigmenwechsel". Noch vor ein paar Jahren waren so genannte Parker-Weine durchwegs "Blockbuster" - reich an Alkohol, für terroirverliebte Weinkenner unangenehm marmeladig. Weil das Wort des US-Kritikers aber zählte wie eines aus der Bibel im Vatikan und weil hohe Parker-Noten hysterische Nachfrage und Preisexplosionen auslösen konnten, taten viele Winzer etwas, das in der Branche "parkerise" (parkerisieren) genannt wird. "Sie keltern Parker nach dem Mund", ätzte der britische Kritiker Hugh Johnson und fügte hinzu: Die moralisch induzierten Vorlieben des Amerikaners seien für die Fine-Wine-Szene so nützlich wie die Politik von George W. Bush für den Weltfrieden. Dann aber holte Parker neue Leute mit neuen Gaumen in sein Verkostungs-Team, so auch den Vollprofi David Schildknecht, der nun für Österreich zuständig ist.

"Parker hat den Lauf der Zeit erkannt", freut sich Velich, "er beginnt, sich gegen die Vorurteile zu wehren." Und jene weitsichtigen Winzer, die sich in ihrem Geschmack bisher nicht von Parkers lang gehegten Vorstellungen beirren ließen, profitieren jetzt davon. Weinmacher wie Uwe Schiefer, Dorli Muhr oder Engelbert Prieler befinden sich mit ihren eleganten Kreationen plötzlich ebenfalls vor der letzten Steigung auf dem Weg zum Olymp. Dass Parkers Einfluss maßgeblich sinken wird, ist kaum anzunehmen, eher noch, dass ihn sein Geschmack von gestern irgendwann einmal nicht mehr kümmern wird - und deshalb viele Winzer künftig in Richtung feingliedrige Eleganz "parkerisieren".

Weingut Moric
Kirchengasse 3, 7051 Großhöflein
Tel.: 02682/215 06
www.moric.at
Vom 95-Punkte-Wein Neckenmarkter Alte Reben 2006 gibt es ab Hof noch Einzelflaschen zum Preis von 51 Euro; im Weinhandel variieren die Preise stark. Das Spektrum: 50 bis 70 Euro.