Deutschlands Raucher dürfen aufatmen: Rauchverbot in Einraumlokalen aufgehoben

In kleinen Einraumlokalen in Berlin und Baden-Württemberg darf ab sofort wieder geraucht werden. Das Bundesverfassungsgericht stufte das entsprechende Verbot in den Nichtraucherschutzgesetzen der beiden Länder als verfassungswidrig ein.

Das Gericht erlaubte zudem Diskothekenbetreibern in Baden-Württemberg, abgetrennte Raucherräume einzurichten, wenn dort keine Tanzflächen sind und nur Gäste ab 18 Jahren eingelassen werden.

Da die meisten anderen Bundesländer vergleichbare Regelungen haben, werden als Folge der Richterentscheidung auch die Rauchverbote in den Gaststätten dort überarbeitet. Aus dem Urteil (sechs zu zwei Stimmen) folgt, dass nur die Gesetze Bayerns und des Saarlands der Verfassung entsprechen. Bis Anfang 2010 müssen alle anderen Länder Neuregelungen finden.

Klagen der Wirte in den kleinen Lokalen über Umsatzeinbußen und ungleiche Behandlung gingen dem richterlichen Urteil voraus. Während für einräumige Betriebe in vielen Ländern bisher ein totales Qualmverbot galt, haben größere Betriebe meist die Möglichkeit, das Rauchen teilweise zu erlauben. Begründet wurde das Urteil unter anderem durch den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Berufsfreiheit, das jetzige Konzept sei mit existenziellen Einkommenseinbußen für Einraumlokale verbunden.

Die Länder müssen sich bis 31. Dezember 2009 zwischen einem absolutes Rauchverbot für alle oder einer milderen Regelung mit Ausnahmen auch für Einraumlokale entscheiden. Bis dahin darf nur dort geraucht werden, wo die Gastfläche kleiner als 75 Quadratmeter ist, keine Speisen angeboten werden und unter 18-Jährigen der Zutritt verwehrt ist. Die Betriebe müssen zudem als Rauchergaststätte gekennzeichnet sein.

Einige Bundesländern haben ihre Rauchverbote nach dem Urteil sofort gelockert. Hessen, Hamburg, Bremen und Niedersachsen kündigten an, dass in Einraumbetrieben vorerst wieder geraucht werden dürfe. Die Kläger, Verbände, Ärzte und Politiker begrüßten die Entscheidung. Ministerpräsident Günther Beckstein sieht die bayerische Regelung bestätigt, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sprach sich gegen eine einheitliche Regelung für das gesamte Bundesgebiet aus. Die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing plädierte hingegen für ein "striktes, ausnahmsloses Verbot". Nicht geklärt ist in Deutschland, ob sogenannte elektronische Zigaretten unter die Rauchverbote fallen. Zigaretten werden damit erhitzt bzw. Nikotin zerstäubt. Nach Ansicht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ist eine gesundheitliche Bewertung der E-Zigaretten noch nicht möglich.

In Österreich tritt ab 1. Jänner 2009 ebenfalls ein schärferes Tabakgesetz in Kraft. Mit Schwierigkeiten wie im Nachbarland rechnet die Gastronomiesparte der Wirtschaftskammer aber nicht. "Ich denke, dass die Regelung, die jetzt gemacht worden ist, eine praktikable ist", sagte Obmann Helmut Hinterleitner am Mittwoch zur APA. In Österreich müssen nach dem 31. Dezember Lokale über 80 Quadratmeter ein Raucherzimmer einrichten, wenn sie den Griff zum Glimmstängel erlauben wollen. Gaststätten unter 50 Quadratmetern Größe dürfen frei entscheiden, ob sie den Gästen das Rauchen verbieten. Bei Betrieben zwischen 50 und 80 Quadratmetern Größe urteilt ab Jänner die Behörde über eine räumliche Trennung.

Bestätigt fühlte sich durch das deutsche Urteil ÖVP-Tourismussprecher Franz Hörl in der Raucherpolitik seiner Partei. Die SPÖ habe sich hingegen für das nun aufgehobene deutsche Modell eingesetzt, erklärte er in einer Aussendung. Als Denkzettel gegen die Bevormundung der EU wertete FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky das Urteil in Deutschland. Er fordere die volle Wahlfreiheit für Gäste und Wirte. (apa/red)