Ein "Elchtest" hoch droben über Linz:
Christoph Wagner zu Gast beim "Holzpoldl"
Es gibt gute, sichere und todsichere Lokaltipps. Der "Holzpoldl" hoch über Linz zählt zu den todsicheren.
Die Frage, die einem - altgedienten - Restaurantkritiker am häufigsten gestellt wird, lautet: "Wie schaffen Sie das bloß, objektiv zu urteilen? Man kennt Sie ja überall." Da diese Kolumne so jung ist wie ich an "testenden" Dienstjahren alt, sei diese Schicksalsfrage gleich vorweg einmal beantwortet: Ich bediene mich eines kleinen Heeres von Zuträgern, die ich liebevoll meine "Sbirren" nenne. Das schöne Wort stammt aus dem Venezianischen und hat die unschöne Grundbedeutung "Spitzel". Da ich jedoch alles Venezianische liebe, mag ich sogar die venezianischen Spitzel, die ihr Antlitz oft hinter langen Schnabelmasken verbergen. Das tun meine Sbirren - meist Freunde, Bekannte und Verwandte aus allen Bundesländern - selbstverständlich nicht. Doch sie berichten mir verlässlich, in welchen Lokalen es sich gerade lohnt, eine "Inspektion" vorzunehmen.
Spitzel als Tester
Die meisten Sbirren habe ich nicht in Venedig, sondern in meiner Heimatstadt Linz. Dort fanden Schwager, Schwiegermutter, Schulfreunde und der von mir außerordentlich geschätz-te Linzer Restaurantkritiker Peter Hirsch unlängst zu einem erstaunlichen Konsens: Der "Holzpoldl", meinten sie eines Sin-nes, koche immer besser. Die Steaks seien schlichtweg eine Sensation, und erst die gebratene Ente mit zweierlei Knödeln ...
Ein weiter Weg
Wenn der Befund meiner Sbirren dermaßen "wasserdicht" ausfällt, ist mir so viel Lob allerdings verdächtig. Zumal für ein (freilich vorbildlich renoviertes) Uralt-Wirtshaus in luftiger Höh, dessen Name für mich seit Kindheitstagen mit Gewaltanstrengung verbunden war. Galt es doch zunächst, den sündhaft steilen Kreuzweg bis zur Pöstlingbergkirche hinter sich zu bringen, und dann lag zwischen mir und einem guten Essen immer noch ein zweistündiger "Hatscher" durch die immerhin liebliche Landschaft des Mühlviertels.
In luftiger Höh
Um mir ein endgültiges Urteil über den Holzpoldl und die dort zu Werke gehenden jungen Wirtsleute Gerhard und Berta Fehrer zu bilden, beschloss ich daher, den ultimativen "Elchtest" durchzuführen - und lud meine Eltern zum Essen ein. Mein Vater, 78, mag ein wohlwollender Hedonist sein. Aber meine Frau Mama, Enkelin gleich zweier altösterreichischer "Herrschaftsköchinnen" und mittlerweile selbst 73, kennt in Sachen Küche keine Gnade. Selbst dem großen Jörg Wörther hat sie, als er uns einmal ein geschmortes Rebhuhn vorsetzte, dem ich jeden Michelin-Stern der Welt zugebilligt hätte, entgegengeschleudert: "A Rebhendl ohne Speck - dös is nix."
Mama hat's geschmeckt
Es ist vor diesem Hintergrund auch nicht so wichtig, wie ich beim Holzpoldl gespeist habe (ich war, nebstbei bemerkt, sehr zufrieden). Aber als meine Frau Mutter, nachdem sie sich an Schwammerlrisotto, Filetsteak mit getrüffelten Erdäpfelcannelloni und Grappaspitz gelabt hatte, anerkennend meinte: "Dös is ja no vü besser wia früher", da wusste ich: Der "Elchtest" war bestanden.
Gasthaus Holzpoldl
4040 Linz-Lichtenberg
Am Holzpoldlgut 2
Ruhetage: Mo., Di. (außer feiertags)
Tel.: 0 72 39/ 62 25
www.holzpoldl.at
Im Lokalführer zu finden unter:
Gasthaus Holzpoldl