Eine Renaissance von Nationalspeisen: Slowakei setzt wieder auf Brimsen & Vinea
Die Slowakei erlebt seit kurzem eine Renaissance von Nationalspeisen und -getränken. Traditionelle Produkte, die im Realsozialismus einfach nur selbstverständliche Konsumgüter waren und unmittelbar nach der Wende völlig unattraktiv wurden, feiern ihre Wiederauferstehung.
Bei einem Teil davon geschieht das gerade deshalb, weil sie durch den EU-Beitritt gefährdet schienen und dadurch wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein kamen - als Symbol für nationale Identität, die es gegen die ansonsten beinahe vorbehaltlos ersehnte EU zu verteidigen galt.
Natinalprodukt Brimsen
In erster Linie betrifft das den Schafskäse Bryndza (Brimsen). Die slowakischen Bergbauern und Milchproduzenten mussten schon fürchten, dass ihr Nationalprodukt nach dem EU-Beitritt überhaupt nicht mehr produziert oder zumindest nicht exportiert werden darf. Seine traditionelle Herstellungsweise spricht nämlich den strengen Hygienenormen der EU geradezu Hohn. Denn als "echt" akzeptieren Kenner den Bryndza nur dann, wenn er aus nicht pasteurisierter Schafsmilch direkt auf der Alm produziert wird. In der Verteidigung ihrer Nationalspeise gegenüber der EU waren die Slowaken aber schließlich so erfolgreich.
Kultgetränk Vinea
Doch der Brimsen ist nicht das einzige Beispiel dafür, dass in der Slowakei die Identitätsfindung durch den Magen geht. So ist das alkoholfreie Traubengetränk Vinea wieder nationales Kultgetränk geworden. Und auch das traditionelle tschechisch-slowakische Kofola wird dem West-Cola immer öfter vorgezogen. Unmittelbar nach der Wende galten beide Getränke als altmodisch, alles "Westliche" hingegen als modern. Inzwischen ist vor allem Vinea wieder ein Renner in der Gastronomie. Und auch die sonst wenig auf landesübliche Produkte achtenden Hypermärkte können den süßen, grün und rot angebotenen Durstlöscher nicht mehr aus ihrem Angebot weglassen.
Streit um Tokajer
Große Aufmerksamkeit weckte der ungarisch-slowakische Streit um den Tokajer-Wein. Die Medien machten es zu einem nationalen Anliegen, den slowakischen Teil der traditionellen Tokajer-Region als mit dem ungarischen Teil gleichberechtigtes Ursprungsgebiet zu verteidigen. Dabei sind es nur ein paar Hektar Anbaufläche, deren Besitzer nun weiterhin den Namen Tokajer für ihren Wein verwenden dürfen.
Nationale Identität: Das ist bei den ansonsten wenig patriotischen Slowaken also häufig eine Frage des Gaumens. Dass man sich so leicht den nicht EU-konformen slowakischen Rum in "Um" umbenennen ließ, zeigt nur, dass der eben nicht als Nationalsymbol taugt. (apa/red)