Fast-Food durch den Schmugglertunnel

Fastfood-Fans im weitgehend isolierten Gazastreifen können sich neuerdings Brathähnchenschenkel der Kette Kentucky Fried Chicken per Schmugglertunnel liefern lassen. Wobei der Begriff Schnellimbiss hier irreführend ist, denn es braucht mehrere Stunden bis die bestellten KFC-Portionen aus dem benachbarten Ägypten eintreffen. Und der palästinensische Lieferservice nimmt gepfefferte Preise, was der Nachfrage aber keinen Abbruch tut.

Fast-Food durch den Schmugglertunnel

"Für Donnerstag morgen um 6.00 Uhr muss spätestens am Mittwoch abend geordert werden", erklärt die Firma Yamama auf ihrer Facebookseite. Pro Lieferung holt Yamama rund 30 der typischen Menüs aus dem KFC-Restaurant in der ägyptischen Hafenstadt al-Arish, etwa 40 Kilometer jenseits der Grenze.

Langwierige Lieferung
"Von al-Arisch fahren wir mit einem Auto auf die ägyptische Seite von Rafah", erläutert Yamama-Chef Chalil al-Ifrandschi den weiteren Ablauf. "Jemand bringt die Lieferung dann durch die Tunnel nach Gaza rein, von wo wir sie nach Gazastadt in unsere Zentrale transportieren", fährt er fort. Auf Motorrädern wird dann die Bestellung vollzogen. Und drei bis vier Stunden nachdem die Hühnerschenkel die Fastfoodkette verlassen haben, kann das Menü aufgewärmt und verzehrt werden.

Der letzte Schrei
Die nach dem Geheimrezept von Kentuckygründer Colonel Harland Sanders zubereiteten Hühnchen sind der letzte Schrei im palästinensisch verwalteten Gaza. Seit die radikalislamische Hamas dort 2007 an die Macht kam, wird der Küstenstreifen weitgehend durch Israel blockiert. Schmuggler können dank der Tunnel mit schwer zu bekommender Ware an gutes Geld kommen. Da auch die Ägypter streng begrenzen, wer in Rafah ein- und ausreisen darf, können die Bewohner von Gaza nicht selbst zum Essen nach al-Arish fahren.

Teures Fast Food
Deshalb sind die Liebhaber ziemlich glücklich, wenn sie 130 Schekel (rund 27 Euro) für gerade mal 20 Hühnchenstücke berappen, also doppelt so viel wie es in Ägypten kostet. In Gaza gibt es überhaupt keine Fast-Food-Anbote. "An Bestellungen haben wir keinen Mangel", sagt al-Ifranji und erklärt: "Die Leute reisen ja manchmal. Und wer dieses Essen mal probiert hat, vermisst es. Wer es nicht gegessen hat, träumt davon."

"Schmugglerservice"
Die Träume werden von Yamama durch lokale Radiowerbung angestachelt. Der Kunde Ijad Jaber bestätigt das: "Meine Frau wollte schon Geld für eine Ägyptenreise sparen, damit sie das mal essen kann. Als sie den Radiospot zum Schmugglerservice hörte, hat sie mich sofort gebeten, das zu bestellen." Einige palästinensische Freunde, die mit KFC-Menüs aus Ägypten zurückkamen, hatten die Yamama-Betreiber Ende April auf die Idee gebracht, das zu einem Geschäft zu machen. Und seitdem nimmt die Zahl der Sammelbestellungen ständig zu. Gaza schreit Kentucky.

apa/red - 17