Fleischeslust
Ein kleiner Bissen für eine Frau, ein großer für die Menschheit, titelte ein britisches Magazin die Verkostung des ersten Laborfleisch-Burgers.
Die österreichische Ernährungsforscherin Hanni Rützler hat in London als Erste den Biss in künstlich erzeugte Fleischfasern gewagt. Nahe an Fleisch, aber nicht so saftig, beurteilte die Expertin das mit Rotem Rübensaft appetitlich fleischfarben colorierte Labor-Laberl.
Werden wir bald ganz selbstverständlich Sonntag Mittag ein saftiges Stammzellenschnitzerl verspeisen? Mit gutem Gewissen uns selbst und der Umwelt gegenüber? Ist es der Anfang vom Ende von Tierfabriken? Wird alles besser?
Während in den Industrieländern mit rund 80 Kilo jährlichem Pro-Kopf-Verbrauch die Spitze erreicht scheint, wächst in Afrika und Asien der Appetit auf Fleisch stetig. Warum glaubt der Mensch immer noch, er muss sich andere Lebewesen einverleiben, um groß, stark und schlau zu werden? Es ist ja durchaus amüsant, wie kreativ Fleischhunger macht. Da delektierten sich kürzlich furchtlose Foodjournalisten an einem Regenwurm-Laberl und zeigten sich erfreut über den erdigen, fettfreien Genuss. Ist ein Getreidelaberl wirklich so grauslich, dass wir lieber Kriechtieren nachjagen als unseren Proteinbedarf pflanzlich zu decken? Es wird so getan, als wären Laborfleisch und ekeliges Kleingetier Mittel gegen den Hunger auf der Welt. Wo wir doch längst wissen, dass es genug zu essen gibt, das Futter nur nicht gerecht verteilt wird. Außerdem, der Mensch ist auch ohne Fleisch lebensfähig. Sehr gut sogar, wenn nicht besser.
Barbara Haiden ist GUSTO Redakteurin und schreibt in ihrer Kolumne "Haiden-Spaß" über klassische und traditionelle Kulinarik-Themen.