Landwirtschaftsminister und Weinbau- präsidenten laufen gegen EU-Pläne Sturm

Kritisch äußerte sich Landwirtschaftsminister Josef Pröll über die von EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel vorgestellte Weinmarktreform. Die Liberalisierungsansätze gingen zu weit. Der Vorschlag der Europäischen Kommission ziele in seiner Gesamtheit auf eine Industrialisierung des europäischen Weinsektors nach dem Vorbild der Neuen Welt abziele. "Diesen Weg wollen wir jedoch nicht gehen".

Mit dem vorgeschlagenen Szenario bedrohe die Kommission die traditionelle europäische Weinherstellung mit ihrer Vielfalt der Herkünfte und begünstige industrielle Massenweinproduktion austauschbaren Charakters. Einige gute Ansätze seien sichtbar, es gebe aber insgesamt doch noch intensiven Diskussionsbedarf. Positiv sei die Abschaffung der derzeitigen Instrumente für die Beseitigung der Weinüberschüsse wie Destillationsaktionen oder Förderung der Lagerhaltung von Wein.

Partielles Lob
Lob gibt es von Pröll auch für die Umstellungsförderung oder die Absatzförderung auf Drittlandmärkten. Allerdings sei die Absatzförderung mit 120 Millionen Euro angesichts großer neue Weinmärkte wie China, Russland oder den asiatischen Markt viel zu gering dotiert.

Qualitätsweine stärken
Zu den Etikettierungsvorschriften gibt es von Pröll ebenfalls Kritik. Vor allem die von der Europäischen Kommission geforderte Möglichkeit der Sorten- und Jahrgangsangaben auf Tafelweinen sei nicht zielführend und laufe der grundsätzlichen Politik der Stärkung von Qualitätsweinen diametral zuwider. Überdies schwächt die Unterteilung der Weine mit Herkunftsangaben in "geographischer Angabe" und "Angabe des Ursprungs" den bisherigen, klar geregelten Qualitätsweinbegriff der EU.

Deutscher Minister will weiter aufzuckern
Prölls Amtskollege Horst Seehofer hat die von der EU-Kommission vorgeschlagene Reform des Weinmarktes abgelehnt und erhebliche Nachbesserungen gefordert. Er werde keinem Vorschlag zustimmen, der die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Weinbaus beeinträchtige, erklärte Seehofer am Mittwoch in Berlin. Insbesondere lehnte er Einschränkungen bei den traditionellen Verfahren zur Weinherstellung ab. Seehofer zeigte sich überzeugt, dass eine deutliche Mehrheit seiner europäischen Kollegen diesen Standpunkt teilt.

Pleil will EU-Beamten Weinseminar schenken
Auch der österreichische Weinbaupräsident kritisiert das geplante Aufzuckerungsverbot scharf. Dies komme dem Zwang gleich, um teures Geld "Wasser aus Italien" zu kaufen, sagte Pleil. Der EU-Agrarkommissarin und der "hohen Beamtenschaft in Brüssel" will der Weinbauverband ein Seminar an der Weinakademie Rust schenken, "damit diese die Weinwirtschaft studieren können".

Kritik an defensiver Haltung
Auch die anderen Reformpläne werden vom österreichischen Weinbauverband nahezu ohne Einschränkungen abgelehnt. Verbandschef Josef Pleil sprach davon, dass die Brüssel-Vorschläge zu einer "Schwächung des Qualitätsweines" führen würden und bemängelte die defensive Tendenz der Marktordnung: "Europa produziert 60 Prozent des weltweit erzeugten Weines und muss in der Weinwirtschaft die erste Geige spielen. Europa darf nicht gleich von vornherein den anderen den Platz in der vordersten Reihe freimachen."

Etiketten-Kritik
Die Vorschläge der Kommission könnte die in den vergangenen 20 Jahren in Österreich verfolgte Qualitätsstrategie zunichte machen, befürchtet Pleil. Nach dem Vorschlägen der Kommission könnte künftig Tafelwein in Etiketten auf den Markt kommen, die keinen Unterschied zum (österreichischen) Qualitätswein erkennen lassen, meinte er.

Gegen Rodungen
Es sei keine Wirtschaftspolitik, den Rückzug vom Markt oder die Vernichtung der Ernte zu fördern, beispielsweise über die so genannte "Grünernte", meinte Pleil. Nach dem vorliegenden Vorschlag hätte das Landwirtschaftsministerium nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, Rodungen zu verhindern - auch dann, wenn diese auf guten Böden oder in Gunstlagen unternommen würden. Die Winzer können laut Vorschlag autonom über die Rodungen entscheiden, die Regierung darf nur etwa 10 Prozent der gesamten Anbaufläche von den Stillegungen ausnehmen.

Mehr Ausgaben für Marketing gefordert
"Wenn die Produkte nicht gekauft werden, muss ihre Qualität zunächst so verbessert werden, dass sie marktfähig sind. Dann kann man daran gehen, sie auf neuen Märkten zu unterstützen", sagte Pleil. Nach Meinung des Weinbauverbands soll künftig etwa die Hälfte der jährlichen EU-weiten Mittel von 1,3 Mrd. Euro ausgegeben werden, um auf Märkten China, Indien und Russland Marketing zu betreiben.