Mediterranes Soulfood gibt es im Ella's:
Christoph Wagners aktuelle Gourmet-Kritik

Ella's. Mediterranes Soulfood. Das klingt nach Broadway oder, für alle, denen Woody Allen's Lieblingsitaliener "Elaine's" noch ein Begriff ist, nach Upper East Side. Wer in "Ella's" am Wiener Judenplatz nach Ella fragt, kommt jedoch allenfalls an Eli. Das ist der Spitzname von Eleftherios Dermitzakis, der das "Orpheus" in der Spiegelgasse 10 während der letzten Jahre zu einem der besten Griechen Wiens machte.

("Der beste Grieche" schreibe ich nie wieder, denn sonst kommen wieder all die "Taverna-Lefteris"-Mänaden über mich, die mich zuletzt wie den sagenhaften Sänger Orpheus — zumindest leserbrieflich — in Stücke gerissen haben.)

Aus Ella's wird Hellas
Eli erklärt gerne, was es mit Ella's auf sich hat. Wenn man das E wie im Griechischen behaucht, wird plötzlich ein "Hellas" draus, während "ela" soviel wie "Komm rein!" bedeutet. Und auf heimtückische Weise hat dann doch auch eine Ella ihre Hand im Spiel, die allerdings Katharina heißt. Katharina Dermitzakis, Eli's Ehefrau, war es nämlich, die die "immer nur kretische Küche" bei "Orpheus" satt hatte und auf eine kulinarische Öffnung ins Allgemein-Mediterrane drängte, das zurzeit der kleinste gemeinsame Nenner einer Küche zu sein scheint, die jedem schmeckt.

So schmeckt der Süden
"Mediterran" – so nennt sich heute praktisch jede Küche, die ohne DOC, also ohne Angabe einer spezifischen Herkunft, Assoziationen an Sand und Meer, Oliven und Meeresfrüchte, Bitterkräuter, Tomaten, Pasta & Pesto herstellt. Das tut auch "Ella's" mit seinem 3- oder 4-gängigen Mezesmenü, einer mediterranen Amuse-gueule-Folge, die nach eigener Wahl etwa Spinat mit Sardinen, Pulpo mit Oliven und Kapern, Gemüsesalat mit Kaninchen oder Süße Ravioli enthalten kann. Die Hauptkarte bietet die übliche Bandbreite von Octopuscarpaccio über roh marinierten Thunfisch und Zucchinischaumsuppe bis hin zu gebratenen Calamari und Perlhuhnbrust.

Es läuft und läuft und läuft
"Ella's" läuft seit dem ersten Tag wie die Hölle. Die meisten Gerichte sind so konzipiert, dass wenig schief gehen kann (außer vielleicht bei der etwas zu trocken geratenen Brasse). Bewundernswert, wie der furchtlose Service das mediterrane Gästemeer auch bei hohem Seegang immer noch mit einem, und sei's gequälten Lächeln auf den Lippen durchschifft.

Gesichtslose Meeresküche
Der Judenplatz verwandelt sich, wenn sich die zwei Baustellen wegdenkt, schnell in eine Piazza oder Plaka. Der mediterrane Konsens macht's möglich. Auch wenn mir persönlich, ich gestehe es ehrlich, die spezifisch kretische Küchenspielart des (zur Zeit ein wenig unter Liebesentzug leidenden) "Orpheus" letztlich doch lieber war als "Ella's" Öffnung zu einer wohl feinen, aber doch auch ein wenig gesichtslosen "Meeresküche".

Ellas's
Judenplatz 9-10
1010 Wien
Telefon: 01.535 15 77
www.ellas.at

Web-Tipp: Christoph Wagner's Weblog:
www.speising.net