Paul Bocuse: Wegbereiter der "Nouvelle Cuisine" wird am 11. Februar 80 Jahre alt

Den Kochlöffel schwingt er selbst nur noch selten. Das Zepter in seinem Unternehmen aber hält Paul Bocuse weiter fest in der Hand. "Mein Nachfolger zu werden? Ich weiß nicht, ob das ein Geschenk ist", sagt der französische Spitzenkoch, der am 11. Februar 80 Jahre alt wird. Wie kein zweiter hat "Monsieur Paul" in den sechziger und siebziger Jahren die Kochkunst in Frankreich revolutioniert. "Nouvelle Cuisine" - leichte Gerichte aus frischen Zutaten vom Markt - hieß das Zauberwort. Später wandte sich Bocuse wieder stärker der traditionellen Küche zu.

Sein Beruf wurde dem Koch in die Wiege gelegt. Er wurde 1926 in Collonges-au-Mont-d'or bei Lyon als Sohn einer Familie geboren, die seit 1765 in der Gastronomie tätig ist. Während des Krieges begann er seine Ausbildung im Restaurant von Claude Maret in Lyon. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Lebensmittel auf dem Schwarzmarkt zu organisieren. Damals, so scherzen Freunde noch heute, lernte er es, stets das Beste für die Küche zu ergattern.

Drei "Michelin"-Sterne
Nach dem Krieg setzte Bocuse seine Ausbildung fort und arbeitete unter anderem sechs Jahre lang bei dem Koch Fernand Point in Vienne bei Lyon. Nach dem Tod seines Vaters übernahm er den Familienbetrieb und baute ihn komplett um. Bereits 1961 erhielt er den ersten "Michelin"-Stern, 1965 hatte er alle drei - und damit die höchste Auszeichnung, die ein Küchenchef bekommen kann. Bis heute wurde ihm keiner der drei Sterne aberkannt - Grund für eine große Feier im Juni 2005.

Kochbücher & mehr
1965 gelang es ihm, den Namen "Bocuse" wieder zu erwerben, den sein Großvater 1921 aus finanziellen Gründen verkauft hatte. Dies ermöglichte dem geschäftstüchtigen Spitzenkoch, seine Produkte auch über sein Restaurant "L'Auberge de Collonges Paul Bocuse" hinaus zu vermarkten. Er baute sich einen kleinen Konzern auf mit Gaststätten, Feinkostgeschäften und Tiefkühlprodukten in und außerhalb Frankreichs. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Kochbücher.

Frische Brise
Als einer der ersten Küchenchefs erkannte er, welche Bedeutung Service und Ambiente beim Genießen haben. "Das große Restaurant ist ein Theater", pflegt er zu sagen. Seine Gäste verwöhnte er mit ungewöhnlichen Speisekombinationen - dekorativ auf dem Teller hergerichtet. Er machte Schluss mit deftiger, fettreicher Küche und bot stattdessen leichte, frische Kost mit viel Gemüse und Kräutern an.

"Bande a Bocuse"
Bocuse brach auch mit einer weiteren Tradition: Er suchte den Kontakt zu anderen Spitzenköchen und tauschte mit ihnen Rezepte aus. Die Küchenchefs schlossen sich zur "Bande a Bocuse" zusammen und machten die "nouvelle cuisine" bekannt. 1987 rief Bocuse den Kochwettbewerb "Bocuse d'Or" ins Leben, der jährlich stattfindet - die Gewinner erhalten eine kleine Figur des französischen Künstlers Cesar, bis zu seinem Tod 1998 ein guter Freund des Spitzenkochs.

Kein Thronfolger
Obwohl Bocuse gesundheitlich angeschlagen ist - im Sommer 2005 musste er sich einer Herzoperation unterziehen - ist ein Nachfolger nicht in Sicht. Sohn Jerome ist zwar Koch, hat sich aber eine eigene Karriere in den USA aufgebaut. "Wer weiß, ob mein Restaurant mich überleben wird", sagte Bocuse im französischen Magazin "L'Express".

Biografie
In einer Biografie ("Le feu sacre"), die im November in Frankreich erschien, enthüllte der "Koch des Jahrhunderts" (Gault-Millau) Details aus seinem Privatleben: Seit vielen Jahren lebt er mit drei Frauen, unterhält drei Haushalte. Mit Ehefrau Raymonde ist er seit 1946 verheiratet, Tochter Françoise ist 58 Jahre alt. Mit der Mutter von Sohn Jerôme ist er seit mehr als 50 Jahren zusammen, mit einer dritten Frau seit 35 Jahren. "Ich mache das, wovon jeder Mann träumt", sagte er.
(apa/red)