Schattenseiten des Beisl-Booms: Herbert
Hacker über das neue "Zur Stadt Krems"

An sich ist der neue Beisl-Boom eine erfreuliche Sache. An allen Ecken werden alte Traditionslokale revitalisiert. Offenbar als Folge der Wirtschaftskrise ist dieses Segment der Wiener Gastronomie momentan das dynamischste. Hier scheinen die Chancen auf Erfolg noch am größten – im Gegensatz zur Topliga, wo eher Sauregurkenzeit herrscht.

Das jüngste Beispiel einer Neuauflage eines wahrhaft uralten Beisl-Dinosauriers aus der Vorstadt ist das kürzlich neu übernommene „Zur Stadt Krems“. Vor ewigen Zeiten galt dieses nicht unoriginelle Gasthaus mit Garten in der Zieglergasse als ein überaus beliebter Treffpunkt mit solider Wiener Küche. Leider wurde es von Jahr zu Jahr schlechter. Jetzt sind neue Betreiber am Werk, in der Absicht, diesem Beisl-Klassiker zu neuer Form zu verhelfen.

Normalerweise lässt sich schon anhand zweier Gerichte ermessen, ob eine Gastwirtschaft dieser Art einem qualitativen Mindestanspruch gerecht wird oder nicht: an der Rindsuppe (in diesem Fall mit Grießnockerln) und einem Wiener Schnitzel. Mag sein, dass die Küche noch mit den üblichen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hat. Grund zur Freude geben beide Gerichte jedenfalls nicht.

Ganz im Gegenteil: Die Suppe ist öd und erinnert an die fragwürdigen Segnungen der „Rindssuppenwürfel-Zeit“ in den 1970er-Jahren. Und das Wiener Schnitzel vermag den schalen Geschmack der Brühe noch deutlich zu übertreffen. Zäh und mit einem dicken Bröselpanzer umhüllt, liegt es einem nach dem Verzehr bleiern im Magen. Wir wünschen gute Besserung.

NAME: Zur Stadt Krems
ADRESSE: 1070 Wien, Zieglergasse 37, Tel.: 01/523 72 00
ÖFFNUNGSZEITEN: tägl. 11–24 Uhr
PREISE: Vorspeisen bis 7, Hauptspeisen bis 16 Euro