Spekulation über gefüllten Schweinedarm: Ist das Geburtstagskind gar ein Franzose?

Die Münchner Weißwurst gilt weltweit als Inbegriff für bayerische Spezialitäten. Vor 150 Jahren - genau am 22. Februar 1857 - soll der Wirt Sepp Moser in seiner Münchner Gaststätte "Zum Ewigen Licht" die Weißwurst erfunden haben.

Kurz vor dem Jubiläum macht ausgerechnet der Chef des Stadtarchivs, Richard Bauer, ein dickes Fragezeichen hinter diese Legende. Die Weißwurst sei lediglich eine saftigere Variante der damaligen Münchner Bockwurst gewesen, sagt Bauer. Vielleicht gehe die vermeintliche Münchner Spezialität sogar auf die viel ältere französische "boudin blanc" zurück.

Weißwurst oder weiße Wurst
Der Überlieferung nach gingen dem Sepp Moser in seinem Lokal am Marienplatz ausgerechnet im Höhepunkt des Faschings die Schafsdärme für seine Bratwürste aus. Der Wirt ließ das Brät kurzerhand in die zufällig noch vorhandenen dickeren und viel weiteren Schweinsdärme einfüllen. Die "Königin im Wurstrevier" - wie einst Mundart-Dichter Herbert Schneider die Weißwurst rühmte - war geboren. Beim Studium alter Dokumente fand Bauer heraus, dass es die weiße Wurst längst gab - in Form der Münchner Bockwurst, die vom 1. Mai bis Fronleichnam zum Maibock-Bier gereicht wurde. Und diese Bockwurst könnte sogar auf die französische "boudin blanc" (weiße Wurst) zurückgehen.

Rezeptur nach Münchner Art
Die Zusammensetzung der original Münchner Weißwurst ist durch die Stadt München vorgeschrieben. Ihr Fleischanteil stammt demnach überwiegend vom Kalb. Dem ensehnten Fleisch werden unter anderem gekochte, ausgelöste Kalbskopfteile mit Haut sowie gekochte Schwarten von Jungschweinen zugesetzt. Gewürzt mit Salz, Pfeffer, Zwiebeln und Zitronenschalen darf die weiße Pracht nicht zu labbrig und auch nicht zu fettig sein.

Auszuzeln lautet die Devise... noch!
Als Banause gilt jedenfalls, wer die Haut mitisst oder die Wurst in Ketchup statt in süßen Senf taucht. Aber dann scheiden sich schon die Geister. Hardliner unter den Weißwurst-Fans lassen beim Verzehr nur das weniger Ansehnliche Auszuzeln gelten - weswegen es zunehmend auch als weniger vornehm gilt. Die Fraktion der Weißwurst-Schneider ist auf dem Vormarsch: Sie schneiden die Wurst längs oder quer an, lösen dann das Innere aus der Haut und essen es mit Messer und Gabel. Letztlich gilt aber das Münchner Lebensmotto: "Mei - der eine mag's so, der andere so." (APA/red)