Wagners Gourmet-Kritik: A Barraca - Eine atmosphärisch eingerichtete "Baracke"
Auf die portugiesischen Frisöre, die den alpenländischen Ondulierern das Rasiermesser streitig machen würden, warten die EU-Kassandras von einst noch heute. Wer in Wien allerdings portugiesisch essen wollte, der fand bislang immerhin das sympathische "Senhor Vinho" in der Schwarzhorngasse im fünften Hieb und das vor allem von Native-Speakers bevölkerte, dadurch allerdings besonders atmosphärische Café Atlantico in der Schönbrunner Straße.
Dank Lucinda Vinho Tavares, einer besonders gastfreundlichen Melange aus Wirtin und Künstlerin, hat die portugiesische Seele seit Jahresfrist nun auch einen Stützpunkt in Wiens Börsenviertel, der Bacalhau & Co. entsprechende Beachtung sichert. Während nämlich die spanische Küche mit all ihren Food-Atomiseuren, Molekularköchen und Spaghetti-Gelierern in der Küchen-Avantgarde zu Weltrang auflief, blieb die eher auf kulinarischen Denkmalschutz setzende Küche des alten Lusitanien wie kaum eine andere in Europa bis heute von den Einflüssen der globalisierten Weltmarktküche so unbeeinträchtigt.
Portugals Flair
Diese Abgeschiedenheit verleiht Portugals vielfältigen Genüssen einerseits etwas Archaisches, lässt andererseits aber auch jegliche zeitgemäße Leichtigkeit vermissen. Wer einmal in einer echten Lissaboner Bierkneipe eine echte "Açorda" (Brotsuppe mit Eiern und Olivenöl) gelöffelt hat, weiß wovon ich rede.
Hausgemachte Köstlichkeiten
Dass derlei Erdschwere in Lucindas schlicht und kitschfrei, aber durchaus atmosphärisch eingerichteter "Baracke" auf angenehme Weise fehlt und die Küche dennoch authentisch bleibt, verdankt sie zwei Glücksfällen. Der eine ist Lucindas Mutter, die ihre Tochter als "portugiesische Außenstelle" mit selbsteingelegten Oliven, hausgemachtem Olivenöl, unzähligen Rezepten und einer Grundausstattung fürs portugiesische Küchenbord versorgt, auf dem auch die typische, scharf-würzige Piri-Piri-Sauce und der in Lusitanien unentbehrliche Koriander vorhanden sind.
Stockfisch und "Meer"
Der andere Glücksfall ist Küchenchef Kurt Aberl, der früher in Toplokalen wie dem "Gelben Haus" in Wiener Neustadt und dem "Collio" im Hotel Triest kochte und mit leichter Hand köstliche Stockfischbällchen, "grüne Eier", "Sardinen in alten Klamotten", Açorda con bacalhau (Brotsuppe mit Stockfisch), Meersfrüchtereis oder ein in einem ganzen Kürbis perfekt geschmortes Kaninchen serviert und auch die süß-sündige portugiesische Dessertküche perfekt beherrscht.
Vinho Verde & Co
Ein solches Menü beginne man am besten mit portugiesischem Bier oder Vinho Verde (offen in zwei Stärkegraden ausgeschenkt) und beschließe es mit Port, der von Tawny bis Vintage selbstverständlich ebenfalls ausreichend vorrätig ist.
Web-Tipp: Christoph Wagner's Weblog:
www.speising.net
A Barraca
Adresse: Hohenstaufengasse 7, 1010 Wien
Telefon: 0660/346 57 37
Öffnungszeiten: Ruhetag(e): So; Küchenzeiten: Mo-Fr 11.30-23.30, Sa 18-23.30