Wagners Gourmet-Kritik: Cantina e l´arte: Küche Friauls mit Unbeschwertheit genießen
Im Venezianischen nennt man ihn auch Bácaro, diesen Ort des Gelages, der jeden in seinen Sog zieht, der nicht mehr loskommt von seiner unbändigen Lust auf kleine feine Happen (ital. cicheti), die man so nach und nach mit einem Dezigläschen Wein (friul. tajut) nach dem anderen hinunterspült.
Von Toni Mimra hat diese Lust schon vor vielen Jahren Besitz ergriffen, als er nomen est omen noch in der Brigade des Da Toni in Gradiscutta di Varmio aufkochte, wo die Familie Morassutti schon seit Generationen den kulinarischen friulanischen Urmeter verwaltet.
Zentrale Lage
Mittlerweile hat der leidenschaftlicher Segler und Küchenchef sich seinen Lebenstraum erfüllt, der da lautet: Einfach in Wien eine Stiege hinuntergehen und mitten in Friaul sein. An dieser Stiege ist wohl jeder Wiener schon einmal vorbeigegangen, ohne auch nur zu ahnen, wohin sie führt. Mimras Cantina e l´Árte ist, gegenüber dem Hauptgebäude der Uni Wien und im Keller des Casinos-Austria-Hauses so metropolitan am Ring gelegen, dass man sie vor lauter Offensichtlichkeit kaum findet.
Sarde in Saor, Kaninchen & mehr
Voll ist dieser Dauergeheimtipp der Wiener Osteria-Szene dennoch, und man tut gut daran zu reservieren, wenn man einen der authentisch nackerten Holztische ergattern will. Und Vorsicht wenn Gabi kommt: Ihr an den Lippen zu hängen, ist nicht nur sinnvoll, weil sie sehr freundlich und kompetent ist, sondern auch notwendig, um keines der Gerichte, das sie als lebende Speisekarte aufsagt, zu überhören. Wer aufmerksam lauscht, kann aus Gabis Akzentsetzungen auch herausfiltern, was gerade mehr als nur empfehlenswert ist. Die Worte Sarde in Saor, Blutwurstlasagne mit Kren, Trippe (Kutteln) und geschmortes Kaninchen brachte Gabi jedenfalls so suggestiv rüber, dass ich gar nicht erst auf die Schiefertafel im Hintergrund schielte und es ebenso wenig zu bereuen hatte wie meine Folgsamkeit ihren Weinempfehlungen gegenüber, die vom geradlinig-simplen Hauswein bis zum Schiopettino von Zamó reichten.
Gesalzene Preise
Anton Mimra, der jährlich sechs Wochen Sommerpause macht, um nach dem obligaten Segeltörn in berühmten friulanischen Lokalen zu arbeiten, hat jedenfalls die volle furlanische Palette drauf, und die reicht von herrlichen Würsten und gefüllten Schweinsfüßen über Frittata, Bohnen- und Gersteneintöpfe bis hin zu marinierten Blumenzwiebeln oder gelierten Kalbsfüßen. Freilich ist seine Cantina ein Lokal, das man sich auch erarbeiten muss. BesitzerInnen nervöser Gaumen tun gut daran, dabei etwas Vorsicht walten zu lassen. Und dass den kleinen Cicheti manchmal recht anständig portionierte Piatti folgen, sollte man beim Bestellen auch einkalkulieren.
Web-Tipp: Christoph Wagner's Weblog:
www.speising.net
Cantina e l'arte
Dr.-Karl-Lueger-Ring 14
Tel.: 01 / 05 05 05-41490
Mo-Fr 15-23 Uhr; R: Sa, So