Wagners Gourmet-Kritik: Dem altdeutschen Spuk in der Draustadt ein Ende bereitet

Vergilbte Ansichtskarten der "Altdeutschen Weinstuben" in Spittal werden heute noch gelegentlich an Internet-Börsen gehandelt. So altdeutsch wie diese Stuben sind Stuben nämlich selbst im alten Deutschland nur selten. Ich hatte vor Jahren einmal Gelegenheit, hier schön-schaurig zu speisen. Es war düster wie in einem Gruselschloss, in dem der Hausgeist aus der Fritte aufstieg.

Aber Schwamm drüber: Seit knapp einem Jahr heißen die Altdeutschen Weinstuben "Restaurant Mettnitzer" und gereichen der Draustadt, die mit dem Porcia-Palast auf das schönste italienische Renaissanceschloss nördlich der Karawanken verweisen kann, tatsächlich zur Zierde. Das Verdienst gebührt dem Ehepaar Mettnitzer, das seinen schönen (und unter Insidern weithin bekannten) Gasthof Kirchenbauer hoch über Radenthein verlassen hat und hinab ins Drautal gezogen ist.

Ein Ende dem altdeutschen Spuk
Margarethe Mettnitzer machte hier zunächst einmal allem altdeutschen Spuk (und vor allem auch dem Frittendunst) ein Ende, hellte die alten Räume mit viel Geschick auf und polierte die bunten Putzenscheiben, Stuck, Intarsien, Schnitzereien, Blattgoldauf- und Intarsieneinlagen mit geradezu denkmalschützerischer Demut blitzblank. So konnten wir in einem Raum, der den diskreten Charme einer barocken Klostersakristei atmete, direkt unter einem Standbild der "Gräfin von Salamanca", ihres Zeichens amtierender Schlossgeist von Porcia, Platz nehmen. Sie scheint auch Karlheinz Mettnitzer inspiriert zu haben. Denn ein besseres Beef Tatar als jenes im Schatten der Blutgräfin, die ihre Kammerzofe dereinst mit einem Holzpantoffel erschlug, habe ich schon lange nicht gegessen.

Volumen und Biss
Wie Mettnitzer ganz allgemein weniger auf Kreativität als auf ein hohes Maß (kunst)handwerklicher Verarbeitung des Althergebrachten setzt. Seine Kürbissuppe mundete subtil-harmonisch und doch kraftvoll. Die Scampi auf hausgemachten Zucchini-Tagliatelle hatten Volumen und Biss. Die Dorade stammte schmeckbar aus Wildfang und wäre allein schon des dazu servierten Blattspinats wegen eine Empfehlung gewesen. Auf ähnliche Weise gediegen abgelegen wie die Ambiance präsentierte sich das Hirschkalb mit erstklassigem Rotkraut und feinen Kroketten.

Für Genießer der alten Schule
Die vervige Patronne versteht sich auf Käsepflege und liebt alte Madeiras oder Ports, die sich auch mit dem wohlgefüllten Humidor in der Havanna-Lounge gerne ein neckisches Tête-a-tête geben. Die Weinkarte hat ein paar nette Raritäten auf Lager und ist, wie alles hier, durchaus gästefreundlich kalkuliert. Fazit: Nicht unbedingt ein Lokal für Freunde neuzeitlicher Gaumenexplosionen, aber sehr wohl eines für Genießer der alten Schule.

Web-Tipp: Christoph Wagner's Weblog:
www.speising.net

Mettnitzer
Adresse: Neuer Platz 17, 9800 Spittal/Drau
Telefon: 0 47 62.358 99
Öffnungszeiten: Ruhetag(e): Mo, Di;
Küchenzeiten: Mi-So 11.30-14, 18-21 Uhr