Wagners Gourmet-Kritik: Der Feinspitz wurde kulinarisch im Schmankerl verwöhnt
Thomas Leitner ist unter Wiener Feinspitzen schon ein alter Bekannter. Gewiss: Er stand niemals ganz vorn in der ersten Reihe, doch wer ihn als Küchenchef des "Hexensitz" in der Hinterbrühl oder des wiedererstandenen "Weißen Rauchfangkehrers" in der Weihburggasse erlebt hat, der weiß: Leitner zählt zu den stillen Vertretern seiner Zunft, die ihr Handwerk desto besser verstehen, je weniger Wind sie darum machen.
Nach einem längeren Interludium auf den Hochseeküchen der Weltmeere ist Leitner vor geraumer Zeit wieder nach Österreich zurückgekehrt und hat in der Weinbaugemeinde Münchendorf am Eingang zum Triestingtal das leer stehende Restaurant "Schmankerl" übernommen. Das wiederum war in seiner langen Geschichte schon alles mögliche vom Familienheurigen bis zum Haubenrestaurant, was man ihm auch ansieht. Die Weitläufigkeit der Heurigenära ist ebenso zu erkennen wie der zwischenzeitliche Styling-Versuch von Leitners Vorgängern.
Restaurant am Lande
Tatsächlich ist das "Schmankerl" etwas zu kühl für ein gemütliches Landgasthaus, aber auch zu wenig cool für eine Designerburg. Die Bezeichnung "ein Restaurant am Lande" würde die Stimmung wohl am besten umschreiben. Genau das scheint Leitner auch führen zu wollen, und er wird dem selbst gewählten Motto "Traditionelles leicht gekocht" mehr als nur gerecht.
Gebratene Gänseleber & Co
Süß-sauer eingelegter Muskatkürbis mit gebratener Gänseleber zählt ebenso zu seinem Repertoire wie ein schlichter, aber vorbildlich zubereiteter Paprikastrudel auf Weinkraut. Zum souverän gegarten Zander gab's, durchaus zu Region und Saison passend, gebratenen Feldkürbis und feine Blutwurstravioli. Auch das Schnitzerl vom Wildschwein war (was nicht selbstverständlich ist) sowohl zart als auch saftig und befand sich in stimmiger Begleitung von Kastanienspätzle und Kohlsprossen. Seine internationalen Erfahrungen lässt Leitner mit Gerichten wie mit Steingarnelen gefülltem Kalbsfilet auf hausgemachten Linguine oder gebackenen Feigen mit Sorbet vom Ananassalbei durchblitzen.
Il Patrone
Die Weinkarte ist soviel geschmacklicher Vielfalt noch nicht ganz gewachsen, weiß aber die meisten Gerichte dennoch adäquat zu begleiten. Das Preis-Leistungsverhältnis ist mehr als im Lot, zumal am Sonntag, wenn man um eine Pauschale von 23 Euro drei beliebige Gänge aus der Speisekarte wählen kann. Der Service agiert sehr zuvorkommend. Dass es ihm noch ein wenig an "Persönlichkeit" fehlt, liegt wohl daran, dass Patron Leitner die Fäden arbeitsbedingt meist nur von der Küche aus ziehen kann - auch wenn man ihn ob seiner Leistungen gerne öfter vor den Vorhang bitten würde.
Web-Tipp: Christoph Wagner's Weblog:
www.speising.net
Schmankerl
Adresse: Hauptstraße 8, 2482 Münchendorf
Telefon: 0 2259/2294
Öffnungszeiten: Ruhetag(e): Mo, Di; Küchenzeiten: Mi-Sa nur abends, So auch mittags