Wagners Gourmet-Kritik der Woche: Der Top-Kritiker war Gast bei der "Niggl-Mama"

Diese Woche hat sich Christoph Wagner ins Restaurant "Niggl" in Wien zur Gourmet-Kritik begeben. Dort wurde er nicht nur sehr herzlich von der "Niggl-Mama" empfangen, sondern wurde sogleich auch vom "Niggl-Buam" mit Köstlichkeiten verwöhnt, denen Wagner das Prädikat "idealtypisch" verlieh. Vor allem das Nougatparfait hat es dem Star-Gourmet angetan.

„I bin die Niggl-Mama“, stellt sich die ebenso selbstbewusste wie sympathische blonde Dame vor, nachdem sie wie ein Wirbelwind in unser Stüberl gefegt ist. „Ich bin nämlich jetzt seit Freitag scho nimma die Chefin, und in der Kuchl steht da Bua. I kann jetzt endlich des tuan, was ich immer schon am liabsten tan hab´: Mit die Gäst´ reden.“ Sie holt kurz Luft, lächelt, und fügt hinzu: „Gell, Sie merken scho, dass i gern red!“

Tatsächlich wird uns die Niggl-Mama im Laufe eines langen, höchst kulinarischen Abends noch viel erzählen. Dass sie aus Feuersbrunn stammt und daher über sieben Ecken auch mit Ott, Mörwald und den vielen Winzern namens Bauer verwandt ist. Und dass der Niggl eigentlich die geheime Spitalskantine der Dottores aus dem Wilhelminenspital ist, die sich „herüben stärken, damit sie drüben wieder die Knochen flicken können.“ (Applaus vom Nachbartisch brandet auf.) Doch genug von der Niggl-Mama.

Denn in Wahrheit galt unser Besuch selbstverständlich dem Niggl-Buam. Der hochgeschossene junge Mann ist zarte 24, hat aber bereits eine bemerkenswerte Karriere hinter sich: Er war zwei Jahre lang Sous-Chef in Adi Bittermanns grandiosem „Vikerls Lokal“ in Fünfhaus, arbeitete dann in zwei französischen Sterne-Lokalen und wurde danach zu einer der Reitbauerschen Stützen in der Küche des Steirerecks am Pogusch. Von dort kommt auch seine Gefährtin Katharina Leodolter, eine äußerst umsichtige junge Dame, die etwas stiller agiert als die Niggl Mama, aber gemeinsam mit einer weiteren Kathi perfekt den Service schupft. Harald Niggl hat sein Lokal in den letzten Wochen sanft, aber grundlegend renoviert und zeigt, was er gelernt hat.

Unverkennbar die Bittermann'sche Akribie bei Gerichten wie geschmorten Schweinsbackerln, Gulasch, Beuscherl, Kalbsherz oder Kalbskopf, denen allesamt das Prädikat idealtypisch gebührt. (Besonders sympathisch ist die Niggl'sche Bereitschaft, von all diesen Köstlichkeiten auch Winzigst-Portionen auf esslöffelgroßen Tellerchen zu servieren.)

An den Pogusch erinnert eine gewisse Kombinierfreude, die allerdings — etwa bei der (hausgemachten und daher großartigen) Blunzen mit Mozzarella (!) — noch nicht wirklich stilsicher ist. Aus Frankreich wiederum hat Niggl die Liebe zu zarten gelben Rübchen mit neckischem Grün mitgebracht, vor allem aber auch gelernt, wie man hinreißende Desserts zubereitet: Sein Nougatparfait muss ihm in Wien erst einer nachmachen. Die Weinkarte ist übersichtlich, aber kompetent. Und die Preise sind so gestaltet, dass keineswegs nur die Primarii von gegenüber hier noch lange nach Herzenslust zuschlagen und mit der Niggl-Mama tratschen können.

Niggl, 1160 Wien, Rankgasse 36
Telefon: 01.493 19 06, Ruhetag(e): Di, Mi; Küchenzeiten: 11.30-14.30, 18-22 Uhr

Web-Tipp: Christoph Wagner's Weblog:
www.speising.net