Schimmelkäse: mit Pilzkulturen zu kräftigem Geschmack
Schimmelkäse mag nicht jedermanns Sache sein, doch Liebhaber fasziniert er mit besonderer Optik, komplexem Geschmack und sogar mit seinem oft strengen Geruch. Doch warum kann man Schimmelkäse eigentlich essen? Welche Sorten werden unterschieden, und wie wird er hergestellt? Antworten auf diese Fragen plus unsere besten Rezeptvorschläge verrät unsere Käseexpertin Melisa Hadzic.
(Gewollter) Schimmel sorgt bei Käse für viel Aroma, charakteristischen Geschmack und besonderes Aussehen. Ob bei Weichkäse, mittelfestem Schnittkäse oder Hartkäse: Schimmel kommt in der Käseherstellung unter verschiedensten Bedingungen zum Einsatz.
Sorten und Herstellung
Schimmelkäse oder Schimmel am Käse? Damit es diesbezüglich keine Verwechslung gibt, wird der essbare Schimmel, der dem Käse gewollt hinzugefügt wird, Edelschimmel genannt. Bei Edelschimmel wird zusätzlich zwischen Weiß- und Blauschimmel unterschieden. Zudem gibt es eine Art Rotkultur, die oft den Schimmelkäsen zugeschrieben wird, aber eigentlich aus Bakterien besteht. Dieser Käse wird als Rotkulturkäse bezeichnet.
Schimmelkäse
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Weißschimmel
Zu den beliebtesten Schimmelkäsesorten gehört der Weißschimmel, der durch seine weiße, essbare Außenschicht leicht erkennbar ist. Um die charakteristische Rinde zu erhalten, gibt es zwei mögliche Herstellungsverfahren. Methode 1: Bei der Käseherstellung werden der Milch Edelschimmelkulturen zugefügt, die den Prozess in Gang setzen. Methode 2: Der Käselaib wird nach dem Ausformen und vor der Reifung mit weißen Schimmelkulturen besprüht. Danach setzt eine Oberflächenreifung ein, ein dünner, weißer Flaum breitet sich über den gesamten Käselaib aus und sorgt für einen cremigen, würzigen Geschmack.
Reifedauer: ca. 3 bis 4 Wochen
Typische Sorten: Camembert, Brie, Géramont, Tomino Stagionato, Chaource
Blauschimmel
Wesentlich kräftiger als Weißschimmel, begeistert Blauschimmel Käseliebhaber, die besonders intensive Aromen schätzen. Bei der Herstellung wird die Milch mit Penicillium-Stämmen (z.B. Penicillium roqueforti) veredelt. Der dadurch entstandene grünliche bis bläuliche Edelschimmel zieht sich während der Reifung aderartig durch den Käselaib. Für eine gleichmäßigere Belüftung der Pilzkulturen werden während der Reifung häufig mit Nadeln Luftkanäle in den Käselaib gestochen.
Reifedauer: je nach Sorte ca. 2 bis 6 Monate
Typische Sorten: Österkron, Roquefort, Gorgonzola, Dolcelatte, Stilton
Besonderheit: Doppelschimmelkäse
Doppelschimmelkäse kann, banal heruntergebrochen, als eine Kombination aus Weiß- und Blauschimmelkäse bezeichnet werden. Diese Sorten weisen zwei unterschiedliche Schimmelkulturen auf: Innen ist der Käse mit Kulturen vom Blauschimmel versehen, während es sich bei der Rinde um eine weiße Schimmelflora handelt. Nach rund zwei Wochen Reife umschließt die weiße Außenschicht den Käse vollständig, und es kommt zu einer Blockade der Sauerstoffzufuhr. So können sich die Blauschimmelkulturen nicht weiter entwickeln, der Geschmack bleibt fein-würzig.
Reifedauer: mindestens 2 Wochen
Typische Sorten: Dolce Bianca, Bavaria Blu, Bresse Bleu
Rotkultur
Rotkulturkäse ist durch seine orange-rote Rinde leicht erkennbar. Während er dem Weißschimmel sehr ähnlich scheint (beide Sorten haben eine weiche, essbare Außenschicht und eine ähnliche Konsistenz im Inneren), unterscheidet sich Rotkulturkäse aber in der Herstellung. Für die Reifung dieser Käsesorte wird kein Schimmelpilz zugesetzt, dementsprechend ist der Begriff "Rotschimmelkäse" faktisch falsch. Bei der Reifung wird die Rinde mehrmals mit einer Salzlösung mit Rotkultur-Bakterien gewaschen. So wird nicht nur der Geschmack kräftiger, auch die essbare – und manchmal klebrige – Rinde bildet sich. Rotkulturen können sowohl Weichkäse als auch Hartkäse zugefügt werden.
Reifedauer: ca. 4 Wochen
Typische Sorten: Schlosskäse, Tiroler Gold, Epoisses de Bourgogne, Taleggio, Romadur, Reblochon, manche Bergkäse
Wieso kann man Schimmelkäse bedenkenlos essen?
Wenn man Schimmel auf Lebensmitteln entdeckt, schneidet man ihn entweder großzügig weg oder entsorgt zur Sicherheit gleich das ganze Produkt. Daher erscheint es verständlicherweise merkwürdig, genüsslich in ein Käsebrot mit blauem Schimmel zu beißen.
Schimmel ist nicht gleich Schimmel!
Edelschimmel, der bei der Herstellung von Schimmelkäse verwendet wird, bildet im Gegensatz zu jenem Schimmel, der ungewollt auf Lebensmitteln entsteht, keine Giftstoffe. Dieser Pilz verdirbt also die Milcherzeugnisse nicht, sondern konserviert sie und verleiht ihnen zudem noch einen würzigen Geschmack. Er wird dem Käse vorsätzlich und unter kontrollierten Bedingungen zugegeben, weshalb er bedenkenlos gegessen werden kann.
Rezeptvorschläge mit Schimmelkäse
Schimmelkäse schmeckt nicht nur zum Frühstück, zur Brotzeit oder auf der Käseplatte. Er ist auch in der Küche vielseitig einsetzbar. Unsere Favoriten? Zart schmelzender Camembert im Teigmantel aus dem Ofen, der beim Brunch mit Freunden besonders viel Eindruck macht. Eine herrlich cremige Kürbispasta mit Gorgonzola-Sauce oder unser knuspriger Flammkuchen mit Birnen, Gorgonzola und Speck als geniales Feierabendgericht. Und wenn es einmal etwas betont Fleischiges sein soll, empfehlen wir unser überbackenes Schweinssteak mit Edelschimmelkäse.
Melisas persönliche Käsetipps zum Herantasten
"Mir ist bewusst, dass nicht jeder etwas mit Schimmelkäse anfangen kann. Er ist kräftig, riecht streng und macht manchmal auch optisch wenig her. Selbst ich war lange Zeit kein Fan von ihm und fand ihn geschmacklich zu intensiv. Nach vielen Kostproben und Gesprächen mit Herstellern kann ich aber mittlerweile sagen: Schimmelkäse gehört (für mich) auf jede gute Käseplatte!
Um sich langsam heranzutasten raten ich: Fangen Sie mit Weißschimmel an! Sie müssen nicht sofort zum intensiven Gorgonzola greifen. Kosten Sie sich durch und fragen Sie an der Käsetheke nach dem mildesten Blauschimmelkäse, der verkauft wird. Sie werden überrascht sein, denn oft riecht der Käse strenger, als er schmeckt."
Unsere Käseexpertin: Melisa Hadzic
GUSTO-Redakteurin Melisa ist unsere Spezialistin in Sachen Käse: "In meinem Umfeld bin ich dafür bekannt, Käse über alles zu lieben. Ich bin ständig auf der Suche nach neuen und ganz besonderen Spezialitäten. Im Zuge dessen besuche ich regelmäßig außergewöhnliche Käseläden, Feinkostgeschäfte und Bauernmärkte, spreche mit Herstellern und koste mich durch die Käsewelt. Mein Käsekonsum ist dementsprechend hoch, meine Leidenschaft für das Produkt an sich, seine Herstellung und seinen vielfältigen Geschmack ist unermesslich. Ich freue mich, meine besten Tipps und mein Käse-Wissen mit den GUSTO-Lesern zu teilen und sie auf köstliche Genussreisen mitzunehmen."