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GUSTO beim Obsthof Retter

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Obsthof Retter
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Obsthof Retter

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GUSTO hat dem Obsthof Retter einen Besuch abgestattet, mit dem Produzenten Werner Retter einen Tag verbracht und sich von ihm zeigen lassen, wie man am besten Granatäpfel entkernt.

von

Werner Retter

Werner Retter hat mit jungen 18 Jahren den Hof seiner Eltern übernommen und eine Saftmanufaktur ins Leben gerufen. Er wollte es anders machen als die meisten Landwirte in seiner Gegend, seine eigenen Birnen und Äpfel nicht dem üblichen Großabnehmer für wenig Einkommen überlassen, und so stellte er den gesamten Betrieb auf biologische Landwirtschaft um (damals eine Innovation!). Retter begann mit der Produktion naturtrüber Säfte, die in den 1980er Jahren noch nicht so populär waren und oft sogar belächelt worden, denn wer will schon einen Saft mit Satz drinnen.

Zudem setzte er sich für das Überleben der Hirschbirne ein, die im Pöllauer Tal in der Steiermark beheimatet ist. Eine Wildbirnensorte, die wesentlich kleiner und auf Streuobstwiesen zu finden ist und von Landwirten oft geschlägert worden ist, da sie ihnen keinen Ertrag brachte. Retter erkannte jedoch die Qualität der geschmacksintensiven Birne für seine Safterzeugung, lagerte die Birne in Akazienfässern und schaffte damit nicht nur sein eigenes Vorzeigeprodukt, sondern auch ein für die Region typisches kulinarisches Aushängeschild, dem sich viele weitere regionale Produzenten, Bauern und Gastronomen anschlossen.

Der Weg zum Granatapfel

Da es von der Hirschbirne nur geringen Baumbestand gab und Neupflanzungen bis zu einer guten Ernte viele Jahre brauchen, suchte er nach Alternativen und fand sie im Granatapfel, von dem er schon mit 16 Jahren fasziniert war. Über einen Freund kam er schließlich nach Antalya, wo er eine Granatapfelplantage besuchte.

Er war nicht nur von der türkischen Granatapfelkultur begeistert, sondern vor allem von den Entkernungsmaschinen. Diese ermöglichen ihm nämlich, Saft alleine durch Granatapfelkerne zu gewinnen, ohne den üblichen Bitterstoffen, die europäischen Mägen nicht immer gut bekommen. Da Werner Retter ein ganzheitlicher Ansatz – vom Anbau bis zum veredelten Endprodukt - für eine nachhaltige und vernünftige Produktion wichtig war, suchte er nach weiteren Möglichkeiten für sein Granatapfelprojekt.

Im Jahr 2007 konnte er im Rahmen eines internationalen Entwicklungsförderungsprojekts in Bosnien sein Konzept für eine Wiederansiedelung des Wildgranatapfels umsetzen. Medial gab es auf das Projekt „Granatäpfel statt Granaten“ riesiges Echo. Viele weitere Anfragen rund um diese Frucht und das ständige Weiterlernen darüber, führten ihn zwei Jahre später direkt in das Berliner Universitätskrankenhaus Charité. Dort durfte er mit ausgesuchten Experten an einem Granatapfel-Arzneimittel mitarbeiten.

Geprägt durch den tiefen Einblick in die Arzneimittelproduktion begann er Mitte 40 ein Studium für Agrar- und Umweltpädagogik und forschte immer mehr zum Granatapfel und seinen Inhaltsstoffen.

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Obsthof Retter
 © GUSTO / Nadine Poncioni

Wir haben der Natur nichts hinzuzufügen

Werner Retter

Funktionssaft

So wurde Werner Retter klar, dass er nicht nur einen Trinksaft produzieren wollte, sondern einen Saft, der den Körper bestmöglich unterstützt, einen Funktionssaft. Dieser fand auch erst in Apotheken Einzug bis er endlich bei Bio-Fachhändlern oder in diversen Supermärkten in der Obst- und Gemüseabteilung landete.

Sein Grundsatz lautet: „Wir haben der Natur nichts hinzuzufügen“ und deshalb kommt auch kein zusätzlicher Zucker, Aromen oder Wasser in seine Säfte. Die Philosophie vollreifes Obst aus den optimalsten Lagen der Welt durch vernünftige Methoden weiterzuverarbeiten, zieht sich wie ein roter Faden durch seine Säfte und sein Tun. Er glaubt an die Natur, an das was sie bietet und ihre Kraft für Pflanzen, Tiere und uns Menschen.

Die steirische Walnuss

Werner Retter denkt immer weiter und hat noch viele Idee auf Lager. Ein Anliegen ist ihm die steirische Walnuss, mit der er auch noch Großes vor hat. Am Obsthof Retter wird sie als grüne Nuss geerntet, aufwendig veredelt und nach der notwendigen Zeit zum Reifen als Delikatesse genossen, wie eine Trüffel vom Baum. Sie können wirklich wie Trüffel über Wildgerichte, Beef Tartar, Carpaccio oder Käse gehobelt werden oder warm ihr volles Aroma entfalten.

Saft im Weinglas

Für Genussliebhaber, die zum Essen keinen Alkohol trinken wollen, gibt es jetzt auch eine Saftlinie, die statt Wein aber in einem Weinglas zum Essen serviert wird. Schluckweise zu genießen ist da wirklich schwer, denn es ist ein Hochgenuss, der natürlich seinen Preis hat und nur in geringen Mengen abgefüllt wird. Es zahlt sich jedoch wirklich aus, denn geschmacklich ist das ein Saftgenuss auf höchstem Niveau.

Retters Tipp: Granatäpfel einfach entkernen

Wie bekommt man die Kerne am einfachsten aus dem Granatapfel? Die Kerne aus Granatäpfeln herauszulösen ist eine Kunst für sich, um nicht alles voller Flecken zu haben. Darum haben wir Werner Retter einen Granatapfel mitgebracht und gefragt, wie es am besten geht (unserer war nach ein paar Tagen im Obstkorb daheim nicht mehr ganz das optimale Herzeigeobjekt):

Er schneidet vorsichtig die beiden Kappen an Ober- und Unterseite ab (wie bei einer Orange) und macht gegenüberliegend zwei horizontale Schnitte von oben nach unten, um den Granatapfel in zwei Hälften auseinander brechen zu können. Über einem Suppenteller oder einer großen Schüssel hält er den Granatapfel mit der offenen Seite nach unten. Mit einem großen Löffel klopft er kräftig auf die Schale, bis sich die Kerne lösen und nach unten in die Schüssel fallen. So macht’s am wenigsten Mist. Manche helfen sich auch mit Wasser in der Schüssel, doch geht dabei wertvoller Saft verloren.

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Obsthof Retter
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8 Fragen an Werner Retter

1. Welche Person, welcher Ort oder welche Erfahrung hat Sie am meisten geprägt?

Ich würde sagen, es haben mich sehr, sehr viele Personen, Begegnungen geprägt bzw. waren für mich extrem wichtig. Einzelne Namen möchte ich da gar nicht hervorheben. Für mich haben Reisen eine große Bedeutung. Fremde Länder, Kulturen und viele Menschen vor Ort waren und sind für mich ganz wichtig. Reisen hat mich und bringt mich immer wieder im eigenen Leben weiter – gerne und oft bin ich z.B. in Afrika unterwegs und komme immer wieder sehr zufrieden zurück. Ich weiß dann unser Glück, in Österreich geboren zu sein, noch mehr zu schätzen. Außerdem bin ich von Mensch, Natur und Tierwelt in Afrika immer extrem beeindruckt, wie einfach das Leben gehen kann bzw. wie glücklich teilweise die Menschen dort mit dem, was sie haben, sind und das wenige auch dementsprechend schätzen.

2. Gibt es Vorbilder? Wenn ja, wer ist denn das größte Vorbild?

Auch hier gibt es sehr viele Vorbilder für mich. Der Slow-Food-Gründer Carlo Petrini, der aus meiner Sicht neben einer Mutter Theresa weltweit sehr viele Veränderungen mit seinem Tun in meiner Welt verändert hat.

3. Welche Dinge stehen auf Ihrer Bucket List? Was möchten Sie irgendwann einmal erleben, sehen oder tun?

Eigentlich habe ich das große Glück, dass ich meine Träume und Wünsche in meinem Tun verwirklichen kann. Da gibt es noch so viel, was ich gerne umsetzen möchte, und das ist für mich persönlich ja das Wichtigste. Natürlich braucht es Abwechslung im Leben, aber als größtes Glück würde ich meine Gesundheit und meine Möglichkeiten in meiner Welt in Verbindung mit Familie und Freunden sehen.

4. Hätten Sie eine Zeitmaschine und könnten in die Zukunft oder Vergangenheit reisen: Welche Periode würden Sie sich aussuchen und warum?

Ich sehe unsere Zeit als Riesenglück – seit über 70 Jahren ohne Krieg, was derzeit leider in Europa nicht mehr der Fall ist. Wir leben zwar in einer extrem schnellen Welt, wo auch dementsprechend viele Fehlentwicklungen (Umwelt, Massentierhaltung, Kapitalismus usw.) passieren, aber im Großen und Ganzen bin ich überzeugt, dass wir aktuell in einer sehr guten Zeit leben dürfen. Angst habe ich nur vor der Zukunft. Wenn wir so weiter machen, teilweise auf Kosten der anderen leben, dann kann das mittel- bis langfristig nicht gut gehen bzw. würde ich mir wünschen, dass mehr an die nächsten Generationen gedacht wird und nicht nur an das Hier und Jetzt. Mein Beitrag kann daher nur sein, selbst mehr Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen, und daher brauche ich auch nicht alles, sondern versuche immer bewusster zu leben.

5. Was darf im Kühlschrank niemals fehlen?

Obst, Gemüse, Käse und natürlich immer was Gutes zum Trinken. Selbstverständlich liegen bei uns neben den eigenen Säften auch immer ein paar gute und ausgesuchte Bio-Weine im Kühlschrank – Lebensmittel kaufen wir in der Familie seit Jahren sehr bewusst von kleinen Manufakturen ein und kaufen immer nur Produkte mit einem „Gesicht“ – keine Eigenmarken bzw. immer mehr Bio-Produkte ohne Verpackung. Ist ja der absolute Wahnsinn, was da in unserer Generation verpackt und nochmals verpackt wird!

6. Was bedeutet Genuss für Sie?

Wer nicht genießt, ist ungenießbar! Genuss ist aus meiner Sicht einer der wichtigsten Dinge im Leben – Essen, Trinken und Genießen ist Kultur pur, Lebensfreude – natürlich auch der Treibstoff für unseren Körper, und daher versuchen wir zumindest ganz bewusst einzukaufen, gemeinsam zu kochen und zu genießen. Als Gast- und Landwirtskind bin ich natürlich mit der Produktion von Lebensmitteln aufgewachsen. Meine Mutter hat bei uns die Gastroküche geleitet, und daher waren bereits für mich als Kind die Küche und die Natur die wesentlichsten Hauptspielplätze.

7. Was macht einen großartigen Gastgeber aus?

Das Gesamtpacket – gezielte Vorbereitung von der Einladung bis zur Auswahl, Deko usw. – danach natürlich die persönliche und vom Herzen die Umsetzung – das merkt man auch sofort in diversen Restaurants, ob da Koch/Köchin /Mitarbeiter mit Herz und Freude an der Sache sind oder dort nur arbeiten. Gastgeber zu sein ist für mich persönlich sogar viel schöner als selbst irgendwo Gast sein zu dürfen. Mein großes Vorbild ist da meine Mutter, für die unsere Familienzusammenkünfte zumindest zu Weihnachten und Ostern ganz besonders wichtig sind, und wo sie selbst mit viel Freude und Herz die immer größer werdende Familie auf 5 Sterne plus Basis bekocht.

8. Muss man einmal weg aus der Heimat gehen, um Erfolg zu haben?

Ob um Erfolg zu haben, kann ich nicht sagen. Was ist Erfolg, wäre da eher meine Frage. Aber ja, ich bin überzeugt, dass man unbedingt als junger Mensch raus muss, sozusagen ohne schützende Hände von Eltern selbst fliegen lernen muss. Daher würde ich das ein- oder mehrmalige Weggehen als etwas ganz Wichtiges sehen, um dann auch die Heimat wesentlich besser sehen und schätzen zu wissen.

Obsthof Retter GmbH
Winzendorf 142
A-8225 Pöllau
Tel: +43 3335 4131 0
E-Mail: office@obsthof-retter.at
Internet: www.obsthof-retter.com

Die ganze Geschichte zum GUSTO-Besuch beim Obsthof Retter lesen Sie in der Rubrik "Nataschas Genussflüsterei" in GUSTO 06/2022.

Über die Autoren

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