
Tsatsiki
©iStock/Lilechka75Kein Grillabend, kein Mezze-Teller, kein Sommer ohne den Dip, der immer passt: Tsatsiki. Dieser Meinung sind zwar nicht nur die Griechen, aber diese sind sich diesbezüglich ganz besonders sicher. Sonnengereifte Oliven, würziger Feta, gegrilltes Gemüse und der kultige Joghurt-Gurken-Mix – viel mehr braucht es für sie nicht.
Dip mit vielen Namen
Tzatziki, Tsatsiki oder doch Zaziki? Das Komplizierteste am griechischen Klassiker ist nicht etwa die Zubereitung, sondern wie man ihn richtig schreibt. Ein Blick in den Duden bringt Licht ins Dunkel: Erlaubt sind Tsatsiki und Zaziki. Weit verbreitet, aber streng genommen nicht korrekt, ist Tzatziki – eine direkte Übertragung des griechischen Originalbegriffs τζατζίκι. Auch beim Artikel haben wir übrigens die Qual der Wahl. Sowohl der als auch das Tsatsiki sind richtig. Was für viele ein Fauxpas ist? Den Dip Cacık zu nennen.
So heißt eine ähnliche Kombination aus Joghurt, Gurke, Knoblauch und Olivenöl in der türkischen Küche. Seit Jahrhunderten besteht eine kulinarische Rivalität, die wohl auch etwas mit der ungeklärten Herkunft zu tun haben könnte. Tsatsiki ist tief in der mediterranen Küche verwurzelt – so tief, dass sich seine Spuren in Griechenland bis in die Antike zurückverfolgen lassen. Sein Ursprung wird allerdings oft auch im Osmanischen Reich gesehen – demnach soll er sich von der heutigen Türkei aus über den Balkan bis nach Griechenland verbreitet haben.
Auf die Feinheiten kommt es an
Gerade bei Gerichten mit wenigen Zutaten spielen die richtige Auswahl der Bestandteile und deren Verhältnis eine große Rolle. Gutes Beispiel: Joghurt ist nicht gleich Joghurt – das merkt man spätestens, wenn frisch geraspelte Gurke dazukommt. Greift man zu einem fettarmen Produkt, wird der cremige Dip schnell zur verwässerten Gurkenmasse. Deshalb gilt: Für richtig gutes Tsatsiki unbedingt auf griechisches Joghurt mit 10 % Fettanteil setzen.
Noch cremiger wird’s, wenn man es – wie in Griechenland üblich – vor der Verarbeitung abtropfen lässt. Dazu Joghurt in die Mitte eines sauberen, dünnen Geschirrtuchs geben, die Ecken zusammennehmen, zubinden und das Päckchen über Nacht an einem kühlen Ort aufhängen. Alternativ geht’s auch so: Ein Sieb mit einem Passier- oder Mulltuch auslegen, über eine Schüssel setzen, Joghurt hineingeben und im Kühlschrank abtropfen lassen. Erst am nächsten Tag wird es mit den restlichen Zutaten vermischt. Ob sich der Extra-Schritt lohnt? Aber sicher: Das Ergebnis ist unvergleichlich cremig.
Joghurt einfach selbst machen
Sie könnten Tsatsiki im Sommer jeden Tag essen? Dann lohnt es sich, Joghurt selbst herzustellen. Besonders einfach gelingt dies mit der Methode von Kon und Sia Karapanagiotidis, nachzulesen in ihrem prämierten Buch Kalí Órexi: Einen Liter Milch bei mittlerer Hitze zum Kochen bringen, vom Herd nehmen und ein Kilo griechisches Joghurt in die heiße Milch rühren. Mit einem Deckel abdecken, über Nacht stehen lassen – fertig. Auf diese Weise verdoppelt sich die Joghurtmenge quasi von selbst. Sie können einen Teil des selbstgemachten Joghurts als Starter für die nächste Runde verwenden. Die Mengen lassen sich beliebig anpassen, Hauptsache, das Verhältnis bleibt bei 1:1. Theoretisch müssten Sie so nie wieder Joghurt kaufen.
Zu viel Flüssigkeit ist der Feind des Tsatsikis. Ob beim Joghurt oder der Gurke: Abtropfen und Auspressen zahlen sich aus.
Gurken: Die Falschen und die Richtigen
Warum schmeckt Tsatsiki im Griechenlandurlaub oft so viel besser als zuhause? Neben gut abgetropftem Joghurt spielen die Gurken eine entscheidende Rolle. Alte, heimische Sorten, wie man sie im Garten zieht, sind meist kleiner, aromatischer und weniger wässrig. Ganz anders viele klassische Supermarkt-Salatgurken: groß, wässrig und oft geschmacklich etwas mau.

Tsatsiki
© iStock/Denis KarpenkovAuch Feldgurken, die man mittlerweile in vielen Supermärkten findet, sind aufgrund ihrer dicken Schale und großen Kerne weniger gut geeignet. Wer mit diesen Sorten arbeitet, sollte sie vor dem Raspeln unbedingt entkernen. Das geht ganz einfach: Gurke längs halbieren und mit einem Löffel die weichen Kerne herauskratzen. Danach fein oder grob raspeln – ganz wie Sie mögen.
Egal, welche Sorte Sie verwenden, wichtig ist vor allem: die Gurken gut ausdrücken! Denn zu viel Restflüssigkeit verwässert nicht nur die Konsistenz, sondern auch den Geschmack. Ob einfach mit der Hand ausgedrückt oder in ein Tuch gewickelt und gepresst bleibt dabei Ihnen überlassen. Und salzen vor dem Ausdrücken? Kann man machen, muss man aber nicht – das Wasser lässt sich auch ohne mühelos ausdrücken.
Kann es zu viel Knoblauch sein?
Knoblauch ist ein Muss. Ob fein gerieben, durch die Knoblauchpresse gedrückt oder im Mörser zu einer feinen Paste zerstoßen: Das feine Aroma bereichert den Geschmack maßgeblich. Ob es so etwas wie zu viel Knoblauch in Tsatsiki gibt? „Und ob!“, reagiert Koch, Gastronom und Tsatsiki-Fan Kias Burget leidenschaftlich auf die Frage. Mit seinem griechischen Partner Alex serviert er im Wiener Haubenrestaurant Kias Kitchen kretischbrasilianische Fusionsküche und übernimmt Ende des Sommers das beliebte griechische Kafeneon beim Yppenplatz.
Tsatsiki spielt sowohl in seiner Profiküche als auch zuhause eine wichtige Rolle: „Ich esse es wie ein Verrückter!“ Beim Knoblauch ist allerdings Vorsicht angesagt: Er entfaltet erst mit der Zeit seine volle Wirkung. Besser also etwas zurückhaltender dosieren, denn zu viel davon lässt sich nur schwer wieder einfangen. Ist es doch passiert, hilft mehr Joghurt – oder noch besser: ein Löffel Topfen oder Crème fraîche.
Zu viel Knoblauch? Gibt es auch bei Tsatsiki! Deshalb Vorsicht: Er entfaltet erst mit der Zeit seine Wirkung.
Was noch ins Tsatsiki reinkommt
Frische Dille verleiht Tsatsiki seinen typischen Geschmack und bringt nicht nur optisch, sondern auch geschmacklich Frische auf den Teller. Wer Dille nicht mag, kann auf Minze, Oregano oder Thymian ausweichen – allesamt beliebte Alternativen, die in manchen Regionen Griechenlands ebenfalls verwendet werden. Kräuter ganz weglassen?
Auch das ist erlaubt. Ein Spritzer Zitrone rundet das Ganze zusätzlich ab, wie Kias Burget empfiehlt. Burgets Tipp: Weniger ist auch hier mehr – Tsatsiki sollte niemals sauer schmecken. Für die perfekte Säure können zudem ein Schuss Weißweinessig oder milder weißer Balsamico sorgen. Zum Schluss kommt ein guter Schuss hochwertiges Olivenöl dazu, idealerweise ein griechisches – das bringt alles zusammen.

Griechisches Pita mit Fleischbällchen und Tsatsiki
© iStock/Alessandra MazzaroImmer wieder anders
Tsatsiki lässt sich wunderbar variieren. Eine köstliche Variante: Die griechisch-britische Köchin Georgina Hayden bringt frischen Wind ins klassische Tsatsiki, indem sie es mit Roten Rüben, Dille und knusprig gebratenen Kapern kombiniert. Das sorgt nicht nur für ein erdig-würziges Aroma, sondern auch für eine leuchtend rosa-violette Farbe.
Beim britischen Chefkoch Ben Tish kommt der Knoblauch gar nicht zum Einsatz: Geröstete Schalotten sorgen für eine sanfte Süße, die er mit säuerlichem Sumach und Oregano kombiniert. Besonders gut macht sich diese Variante als Füllung in Gyros-Sandwiches. Rohen Knoblauch kann man auch durch konfierten ersetzen: Das bringt Tiefe, Umami und eine feine Süße. Auch vegan ist Tsatsiki übrigens köstlich: Anstelle von griechischem einfach Soja-Joghurt verwenden – mittlerweile gibt es dieses in der griechischen, cremigen Version.
Wozu schmeckt’s?
Vielseitig lässt sich Tsatsiki nicht nur zubereiten, auch seine Kombinationsmöglichkeiten sind endlos: Neben griechischen Klassikern wie Souvlaki, Bifteki und Gyros glänzt Tsatsiki auch solo als Mezze. Ein Stück warmes Pitabrot oder knusprige Cracker ersetzen dabei charmant Gabel und Messer. Zu gegrilltem Gemüse und Rosmarinerdäpfeln aus dem Rohr passt der cremige Dip ebenfalls hervorragend. Beim Grillabend macht er sich als Begleiter von Lammkoteletts, Hendlspießen, Ćevapčići oder Bratwurst ebenso gut wie als Topping für Zucchini oder Erdäpfelpuffer. Kurz gesagt: Tsatsiki geht eigentlich immer.
Haltbarkeitschampion
Zum Glück ist nicht nur die Zubereitung unkompliziert, auch in Sachen Haltbarkeit ist Tsatsiki ein echter Hit: Im Kühlschrank hält er bis zu zwei Wochen. Mit der Zeit kann sich etwas Flüssigkeit absetzen – in diesem Fall vor dem Servieren einfach kräftig durchrühren. Wer auf Nummer sicher gehen will, beträufelt die Oberfläche zusätzlich mit etwas Olivenöl: Das schützt vor dem Austrocknen und fördert die Haltbarkeit.
Schritt für Schritt zum besten Tsatsiki
Zum Schluss noch im Überblick – so schmeckt Ihr Tsatsiki wie frisch aus einer griechischen Taverne:
Ein Kilo griechisches Joghurt über Nacht abtropfen lassen.
Drei Gurken (je nach Größe auch mehr) nach Belieben raspeln, gut ausdrücken und unter das Joghurt rühren.
Für einen feinen Knoblauchgeschmack zwei Zehen hineinpressen, wer’s kräftiger mag (und an dem Tag nichts mehr vorhat), kann bis zu vier verwenden.
Zwei Esslöffel kaltgepresstes Olivenöl, zwei Esslöffel Weißweinessig und eine Handvoll frisch gehackte Dille einrühren. Mit Salz und einem Spritzer Zitronensaft abschmecken.
Und wenn Sie dem Ganzen noch die Krone aufsetzen möchten: Spitzenkoch Tim Raue hat auf Kreta einen Trick gelernt, der zunächst überrascht, aber überzeugt. Seine Geheimzutat? Crème fraîche! Zwei gehäufte Esslöffel (oder mehr) davon unterrühren, niemandem etwas verraten und genießen. Vor dem Servieren noch mit einem Schuss Olivenöl beträufeln und mit Dille bestreuen. Kalí Órexi!
Diese Geschichte wurde im GUSTO Sommer 2025 veröffentlicht.